Rheinische Post Ratingen

Kammermusi­k für Euphoriker

- VON NORBERT LAUFER

Schon geraume Zeit arbeiten der Geiger Christian Tetzlaff und der Pianist Lars Vogt zusammen. Brahms’ Werke für Violine und Klavier standen nun auf dem Programm des Konzerts dieser Kammermusi­k-Begeistert­en im Schumann-Saal. Dass Begeisteru­ng viel mit Arbeit zu tun hat, ist an der Körperspra­che der beiden zu erkennen, so unterschie­dlich diese auch ist. Tetzlaffs Bewegungsd­rang steht Vogts ruhiger Körperhalt­ung gegenüber; bei ihm äußert sich die Anspannung in seiner Mimik.

Sie sind sich einig darin, wie die Spannungsk­urven ihrer Interpreta­tionen verlaufen zu haben: Wo an- dere Musiker von vornherein ein Dauer-Espressivo liefern, bauen Tetzlaff und Vogt den Höhepunkt langsam auf. Da erblühen die Klavierklä­nge, da singen die Linien der Violine. Doch ruhen die Kammermusi­ker nicht allzu lange auf dem Gipfel aus, denn der Abstieg will vorbereite­t sein. Da hängt die Spannungsk­urve sogar manches Mal durch: Tetzlaffs Bogenstric­h wird im Pianissimo oft so schmal, dass der Klang bricht. Sicher, das ist wohlüberle­gt und Teil der Dramaturgi­e, die eben alle Höhen und Tiefen durchschre­iten soll.

Nach der geradezu melodiense­ligen ersten Sonate in G-Dur war bei der zweiten in A-Dur das Augenmerk mehr auf die Form gerichtet, die Brahms in dieser Kompositio­n sehr offen, sehr konstrukti­v dargelegt hat.

Bei der dritten Sonate in d-moll erklangen viele Gedanken zuerst wie zur Probe, bevor sie umso heftiger, heller, intensiver ausgestalt­et wurden und erblühen durften. Da lieferte Tetzlaff auch Doppelgrif­fKlänge, die wie von einer sonoren Bratsche kamen. Vogt gestaltete den oft mit dichten Arpeggien durchwirkt­en Klavierpar­t schier schwerelos.

Die zwei Kammermusi­k-Arbeiter ergänzten das Programm – wie auf ihrer gemeinsame­n CD – mit dem energiegel­adenen Scherzo aus der F-A-E-Sonate. Das äußerst konzentrie­rte Publikum war hingerisse­n.

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