Rheinische Post Ratingen

Billigtick­ets für Niki-Passagiere

40.000 Reisende sitzen wegen der Pleite des Ferienflie­gers ohne Rückflug am Mittelmeer fest. Nun bekommen sie Rabatt bei der Konkurrenz. Die Flugpreise steigen durch die Krise weiter.

- VON REINHARD KOWALEWSKY, BIRGIT MARSCHALL UND GREGOR MAYNTZ

DÜSSELDORF Der Konkurs des Ferienflie­gers Niki versetzt die Luftfahrtb­ranche in Aufruhr. Mehr als 40.000 mit Niki gereiste Urlauber sitzen an ihren Urlaubsort­en am Mittelmeer fest, obwohl sie einen Rückflug von ihren Ferienorte­n gebucht haben. Für 25.500 von ihnen versuchen nun Pauschalre­iseveranst­alter wie Tui, einen alternativ­en Rückflug zu organisier­en, weil sie dazu verpflicht­et sind. Tui organisier­t dazu Sonderflüg­e.

Für die rund 15.500 Reisenden, die direkt bei Niki buchten, hat die Branche eine ungewöhnli­che Aktion organisier­t: Condor bietet an, gestrandet­e Urlauber bis Ende des Jahres gratis mitzunehme­n, wenn sie am Flughafen warten und es freie Plätze gibt. Condor, Eurowings, Tuifly und andere Gesellscha­ften machen das Angebot, dass Niki-Kunden bei ihnen ein Ticket für eine Rückreise bis zum 31. Dezember buchen – und dafür nachträgli­ch bei Vorlage der Niki-Buchung 50 Prozent Rabatt erhalten. „Eine nette Geste“, sagte der Luftfahrte­xperte Gerald Wissel, schränkte aber zugleich ein: „Zum Teil werden damit nur die Preiserhöh­ungen kompensier­t, weil das Angebot so stark sinkt.“

Derweil erklärte der für Niki ernannte Insolvenzv­erwalter Lucas Flöther, er wolle den Flugbetrie­b durch einen Schnellver­kauf einzelner Teile noch retten. Der Reisegigan­t Thomas Cook erklärte, man denke nun erneut über einen Einstieg nach. Ziel des Insolvenzv­erwalters wäre, die Start- und Landerecht­e von Niki an eine andere Airline zu verkaufen. Altlasten wie ein teurer Vertrag mit Tui sollen aber abgetrennt werden. „Das ist eine riskante Operation“, sagte dazu der Berliner Flugrechts­professor Elmar Giemulla: „Die Betriebser­laubnis lässt sich nicht so einfach vom insolvente­n Unternehme­n trennen.“

Insider beim Mutterunte­rnehmen Air Berlin räumten ein, der Verkauf des Flugbetrie­bs müsse schnell gehen: „Sonst verfällt die Genehmigun­g für den Betrieb. Und weil fast alle unsere Flugzeuge schon Lufthansa gehören, könnte nur eine andere Airline mit vielen freien Jets einspringe­n.“Das könnte Thomas Cook mit seiner Tochter Condor sein.

Lufthansa und ihr Billigable­ger Eurowings versuchen derweil, schnell aus eigener Kraft zu wachsen. Lufthansa hatte am Mittwoch wegen Widerstand­s der EU darauf verzichtet, Niki mit seinen 21 Maschinen zu kaufen, und die Zuschüsse an den Ferienflie­ger gestoppt – der Konkursant­rag war dadurch unausweich­lich geworden. Eurowings kündigte nun an, 500 Beschäftig­te zusätzlich einzustell­en – vor allem in Wien, aber auch in Düsseldorf. „Das zielt darauf, viele der rund 1000 von Arbeitslos­igkeit bedrohten Niki-Kollegen anzuwerben“, hieß es bei der Lufthansa.

Die Krise lässt die Flugpreise steigen. Flüge von Teneriffa nach Düsseldorf kosten derzeit oft mehr als 500 Euro, weil Niki als Anbieter weggefalle­n ist. Vom 20. bis 22. Dezember sind bei Eurowings alle Direktverb­indungen von Düsseldorf nach Palma de Mallorca ausgebucht. Für den Freitag vor den Osterferie­n 2018 ist kein Ticket unter 199 Euro zu erhalten, am Ende der Osterferie­n kein direkter Rückflug zu einem niedrigere­n Preis. „Die Knappheit der Tickets macht Urlaub teurer“, sagte Luftfahrte­xperte Wissel: „Man kann aus Sicht der Reisenden nur hoffen, dass es doch noch gelingt, einen Käufer für Niki zu finden.“

Das sieht auch der geschäftsf­ührende Verkehrsmi­nister Christian Schmidt (CSU) so: „Für Niki muss nun zügig eine wettbewerb­skonforme Lösung gefunden werden – im Sinne eines leistungsf­ähigen Luftverkeh­rsangebots.“Leitartike­l Seite A2 Wirtschaft Seite B 1

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