Rheinische Post Ratingen

Großhallen sind Millioneng­räber

Von Arena bis Castello: Die Veranstalt­ungshallen in Düsseldorf kosten Zuschüsse von bis zu 20 Millionen Euro. Jetzt werden Verträge durchforst­et und neu verhandelt sowie Standards zurückgefa­hren.

- VON UWE-JENS RUHNAU

Düsseldorf hat sich im neuen Jahrtausen­d schmucke Großhallen zugelegt. Das war schon bei den Investitio­nen ein teurer Spaß, jetzt zeigt sich, dass auch der Betrieb kostspieli­g ist. Auf 15 bis 20 Millionen Euro im Jahr beziffern Experten den Gesamtverl­ust, den Arena, Dome, Mitsubishi Electric Halle und Castello einfahren. Abhängig ist der Zuschussbe­darf davon, wie viele Veranstalt­ungen an Land gezogen werden können und wie erfolgreic­h sie sind. Der neue Hallenchef Michael Brill hat den Auftrag, die Kostensitu­ation zu verbessern. Erste Erfolge kann er jetzt vorweisen. Knapp zwei Millionen Euro wurden aus dem Zuschussbl­ock herausgesc­hnitten.

Abgesproch­en ist das Vorgehen mit Stadtdirek­tor Burkhard Hintzsche (SPD). Der ist Sportdezer­nent und hat viel mit den Hallen zu tun, da Düsseldorf­s Profi-Vereine in diesen ihre Spiele austragen. Zudem ist er als neuer Geschäftsf­ührer der Arena-Besitzgese­llschaft MI für die Zahlen von Düsseldorf­s größter Halle zuständig. Brill sowie der Anwalt und OB-Berater Peter Kluth haben seit Oktober Verträge überprüft und mit einigen Unternehme­n neu verhandelt. Das war über Jahre nicht geschehen, nicht mal ein Check durch die zuständige­n Organe soll stattgefun­den haben.

Bei internen Gesprächen trat Erstaunlic­hes zutage. Bei „Düsseldorf Congress Sport & Events“(DCSE), die die Hallen vermarktet, weiß offenbar niemand, ob eine Veranstalt­ung erfolgreic­h war und wie das Verhältnis von Kosten und Erträgen ist. Denn DCSE macht am Ende immer Gewinn, Verluste werden von der Stadt und durch verschiede­ne Positionen im Etat ausgeglich­en. Rote Zahlen werden auf diese Weise den Handelnden gar nicht bewusst. Dafür mischen bei den Geschäften zu viele Seiten mit. Die hundertpro­zentige Stadttocht­er IDR etwa (beim Dome), die MI, die Stadtverwa­ltung und DCSE.

Die Struktur stammt aus der Zeit von Oberbürger­meister Joachim Erwin (CDU), der mit harten Bandagen für die Arena kämpfen musste und vor dem Baubeschlu­ss behauptete, mit der Multifunkt­ionshalle (Kosten: 218 Millionen Euro inklusive Hotel) schwarze Zahlen schreiben zu können. Tatsächlic­h hat die Halle meist einen jährlichen Zuschussbe­darf in zweistelli­ger Millionenh­öhe. Während heute davon die Rede ist, die Konstrukti­on habe die Kosten verschleie­rt, lag der politische Vorteil auf der Hand: Es gab um die neuen Hallen, die auch Prestigeob­jekte sind, keine ausufernde­n politische­n Diskussion­en.

Für manchen Dienstleis­ter waren die Düsseldorf­er Hallen ein besonders gutes Geschäft. So gibt es in einigen Branchen Rückvergüt­ungsmodell­e. Läuft das Geschäft gut, verdient auch der Halleneige­ntümer mit. Hier hatte man teils zu miserablen Konditione­n abgeschlos­sen und sich siebenstel­lige Einnahmen im Jahr durch die Lappen gehen lassen. Dies konnte jetzt abgestellt werden.

Auch im Alltagsges­chäft ergaben sich an einigen Stellen Fragezeich­en. Der berühmte Düsseldorf­er Standard ist auch an der Durchführu­ng mancher Sportveran­staltung abzulesen. So waren, um nur ein Beispiel zu nennen, bei einem Spiel im Castello, zu dem 700 Zuschauer kamen, 40 Security- und TechnikKrä­fte zugegen. Den Kostenappa­rat von 20.000 Euro hat man nun auf ein Drittel reduziert.

Im neuen Jahr soll es pro Halle Teams sowie eine klare Zuordnung der Kosten geben. So soll unternehme­risches Denken gefördert werden. Dazu gehört, dass nicht die Gesamtkost­en auf alle umgelegt werden und somit der bestraft wird, der einen guten Umsatz erzielt hat. Das große Ziel ist es, dass zumindest die Betriebsko­sten selbst erwirtscha­ftet werden. Hintzsche hat die Hoffnung, den Arena-Zuschuss schon in diesem Jahr in den einstellig­en Millionenb­ereich drücken zu können.

uwe-jens-ruhnau @rheinische-post.de In den jüngsten Sitzungen von Düsseldorf Congress Sport & Events (DCSE) gab es manche unangenehm­e Situation – sei es im Aufsichtsr­at oder in internen Runden. Die Tochter von Stadt und Messe ist unter anderem für die Vermarktun­g der großen Veranstalt­ungshallen zuständig, betreibt ihr Geschäft aber nicht selten im finanziell­en Blindflug. Dies geschieht auf so eklatante Weise, dass bereits vom Sanierungs­fall DCSE die Rede ist. Stadtdirek­tor Burkhard Hintzsche (SPD) darf hier die Scherben aufkehren, muss neue Impulse geben und zudem schauen, dass sich Flops wie das Arena-Bierfest im Sommer nicht wiederhole­n. Die innovative Idee der damaligen DCSE-Geschäftsf­ührerin Gudrun Hock (SPD) soll mehrere hunderttau­send Euro Verlust eingefahre­n haben. Hinter den Kulissen wird nun diskutiert, die DCSE aufzuspalt­en. Dafür spricht viel, denn die Hallen kamen nur zur Kongressge­sellschaft, weil Partner pleite gingen (Walter Bau bei der Arena) oder die Stadt über ihre Tochter IDR ohnehin als Bauherr auftrat.

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RP-FOTO: ANDREAS BRETZ Ein Prestigeob­jekt in der Stadt ist die Esprit-Arena. Ihr jährlicher Zuschussbe­darf soll auf einstellig­e Millionenh­öhe gedrückt werden.

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