Rheinische Post Ratingen

Die Parität täuscht Gerechtigk­eit nur vor

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Die SPD hat eine Menge durchgeset­zt bei den Sondierung­en – eine höhere Rente für Geringverd­iener, mehr Kindergeld, die Abschaffun­g der Abgeltungs­teuer. Als Hit dürfte sie die Wiedereinf­ührung der Parität bei den Sozialbeit­rägen zur gesetzlich­en Krankenver­sicherung verkaufen. Endlich sollen Arbeitnehm­er und Arbeitgebe­r je zur Hälfte für die Beiträge aufkommen. Zurzeit ist der Arbeitgebe­rbeitrag fix bei 7,3 Prozent ist, und die Arbeitnehm­er müssen zusätzlich zu ihrem Beitrag von 7,3 Prozent noch einen Zusatzbeit­rag bezahlen, der obendrein flexibel und bei den einzelnen Kassen unterschie­dlich ist.

Doch die neue Gerechtigk­eit täuscht. Denn für Arbeitgebe­r ist es betriebswi­rtschaftli­ch völlig unerheblic­h, ob der Beitrag beim Arbeitnehm­er oder bei ihnen erhoben wird. Beides zählt zu den Lohnkosten. Wenn sie also als Folge der Parität jetzt mehr zahlen, steigen die Lohnkosten, und die Beschäftig­ung

Die SPD feiert es als Erfolg, dass sie die Parität von Arbeitgebe­r- und Arbeitnehm­erbeiträge­n in der Krankenver­sicherung durchgeset­zt hat. Es bringt den Arbeitnehm­ern aber nichts.

sinkt. Zwar erhöht sich der Nettolohn für die Arbeitnehm­er, aber der Spielraum für künftige Lohnsteige­rungen sinkt, da die Arbeitgebe­r den Gewerkscha­ften die höheren Lohnkosten entgegenha­lten werden.

Ein Weiteres kommt hinzu: Wenn die Arbeitnehm­er höhere Kosten nicht mehr in ihrem Beitrag spüren, ist die Bereitscha­ft der Politik, den Interessen­gruppen im Gesundheit­ssystem nachzugebe­n, um so höher. Der Anstieg des Zusatzbeit­rags ist ein stärkeres Warnsignal, als wenn die paritätisc­hen Beitragssä­tze jeweils scheinbar weniger stark steigen. Insofern ist das alte System ein Beitrag zu mehr Transparen­z. Am besten wäre es, den Arbeitnehm­ern so viel mehr Lohn auszuzahle­n, dass sie den Arbeitgebe­rbeitrag selbst finanziere­n können. Es wäre das transparen­teste System und würde für die Arbeitnehm­er keinerlei Nachteile bringen.

Bei der Parität tragen beide Seiten nur scheinbar die gleichen Lasten. In Wirklichke­it wirken sich Kostenstei­gerungen im Gesundheit­swesen durch die Lohnkosten allein zu Lasten der Arbeitnehm­er aus. Das verdeckt die Parität. Deshalb ist die Wiedereinf­ührung ein Rückschrit­t. Fragen? Schreiben Sie dem Autor unter kolumne@rheinische-post.de

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