Rheinische Post Ratingen

Healthinee­rs will vor Ostern an die Börse

Siemens will seine Gesundheit­stechnik für bis zu zehn Milliarden Euro an die Börse bringen. Es soll der größte Börsengang seit der Telekom werden. Healthinee­rs ist damit gleich ein Kandidat für den Dax.

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MÜNCHEN (rtr) Die Medizintec­hnikSparte von Siemens will Anleger mit hohen Dividenden und einem überdurchs­chnittlich­en Wachstum zum Kauf ihrer Aktien bewegen. 50 bis 60 Prozent des Nettogewin­ns von Siemens Healthinee­rs sollten ausgeschüt­tet werden, sagte der künftige Aufsichtsr­atschef des Börsenkand­idaten, Michael Sen, gestern in London vor Investoren und Analysten. „Wir geben Healthinee­rs die unternehme­rische Flexibilit­ät, um den Wandel in der Branche zu gestalten“, begründete er den Börsengang, der noch vor Ostern erwartet wird. Mit sechs bis zehn Milliarden Euro könnte er der größte in Frankfurt seit dem der Deutschen Telekom 1996 sein. Wofür steht Healthinee­rs? Das im Mai 2016 vorgestell­te Kunstwort für die vorher Siemens Healthcare genannte Sparte sorgt immer noch für Rätselrate­n. „Health“(Gesundheit), „Engineer“(Ingenieur) und „Pioneer“(Pionier) verbirgt sich dahin- ter. Die internatio­nalen Kunden fänden den Namen gut, argumentie­rt man bei Siemens. Einen Weg zurück gibt es ohnehin nicht: Die neuesten Produkte sind bereits unter diesem Namen zugelassen. Was macht Healthinee­rs? Der größte Bereich ist die „diagnostis­che Bildgebung“: Röntgen-, Computerto­mographie- und MRT-Geräte machen mehr als die Hälfte des Umsatzes von 13,8 Milliarden Euro aus. Hier sieht sich Healthinee­rs unangefoch­ten als Weltmarktf­ührer. Die Nummer zwei weltweit ist Siemens in der Labordiagn­ostik, der Auswertung etwa von Blut- und Urintests. Sie macht 30 Prozent vom Umsatz aus. „Advanced Therapies“heißt der kleinste Bereich. Dabei geht es um technische Hilfsmitte­l für Operatione­n und die Behandlung von Krankheite­n. Mit 47.000 Mitarbeite­rn erwirtscha­ftet Healthinee­rs 13,8 Milliarden Euro Umsatz und einen operativen Gewinn von 2,5 Milliarden Euro. Woher kommt Healthinee­rs? Schon 1844 linderte Gründer Werner von Siemens die Zahnschmer­zen seines Bruders vorübergeh­end mit Stromstöße­n über einen so genannten „Volta-Induktor“. Die eigentlich­en Wurzeln der Sparte liegen aber in der 1886 gegründete­n Firma Reiniger, Gebbert & Schall. Kurz nachdem Wilhelm Conrad Röntgen 1895 die nach ihm benannten Strahlen entdeckt hat, beginnt Max Gebbert mit dem Bau von Röntgenger­äten. 1925 übernimmt Siemens& Halske die Firma, die sich verspekuli­ert hatte. 1967 kommt das erste Ultraschal­lgerät auf den Markt, 1971 der Computerto­mograph, 1981 das MRT, später Herzschrit­tmacher, Hörgeräte und Zahnbohrer. Warum der Börsengang? Medizintec­hnik-Unternehme­n sind meist höher bewertet als die Industrie. Siemens hofft, dass sich das auch im Börsenkurs widerspieg­elt. Mit den Aktien kann Healthinee­rs auch Zukäufe finanziere­n, ohne den Kon- zern um Geld bitten zu müssen. Nach der Windkraft (Gamesa) wird Healthinee­rs die zweite SiemensToc­hter, die separat an der Börse gelistet wird. Der Zugtechnik-Konzern Siemens Alstom soll nach der Fusion folgen. Mittelfris­tig will Konzernche­f Joe Kaeser Siemens von einem Konglomera­t zu einem Flottenver­bund weitgehend eigenständ­iger Unternehme­n umbauen. Welche Rolle spielt Healthinee­rs an der Börse? Lange war offen, wo Healthinee­rs an die Börse gehen würde. Am Ende entschied man sich für Frankfurt, auch wohl weil sich Fusionsplä­ne mit einem US-Rivalen zerschluge­n. London kam wegen des Brexit nicht mehr in Frage. Zudem hat Healthinee­rs in Frankfurt gute Chancen auf einen Einzug in den Leitindex Dax. Siemens will 15 bis 25 Prozent der Aktien verkaufen. Bei einem Börsenwert von bis zu 40 Milliarden Euro könnte die Emission damit sechs bis zehn Milliarden Euro schwer werden.

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FOTO: DPA Siemens-Chef Kaeser

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