Rheinische Post Ratingen

Sehbehinde­rte testet neue Leitsystem­e

Reportage: Marion Höltermann, Vorsitzend­e des Blinden- und Sehbehinde­rtenverein­s, macht einen Rundgang.

- VON NORBERT KLEEBERG

RATINGEN Die Bedingunge­n sind wirklich nicht die besten an diesem Dienstagmo­rgen. Es schüttet aus Eimern, es ist kalt und rutschig auf den Straßen. Doch Marion Höltermann, die sehr aktive Vorsitzend­e des Blinden- und Sehbehinde­rtenverein­s, kommt zum vereinbart­en Termin: Man trifft sich im Eingangsbe­reich des alten Hertie-Hauses an der Düsseldorf­er Straße.

Mit dabei sind auch Dirk Winkelmann vom Tiefbauamt und Jörg Saborni, der neue Behinderte­nkoordinat­or der Stadt. Ein zertifizie­rter Orientieru­ngs- und Mobilitäts­trainer soll die einzelnen Stellen, die man testen will, fachlich bewerten. Hannelore Hanning, die Fraktionsv­orsitzende der FDP, ist ebenfalls dabei. Dass sehbehinde­rte Menschen in Ratingen sicher über die Straßen kommen, ist ihr ein besonderes Anliegen, vor allem auch in ihrem Stadtteil Homberg, in dem sie lebt.

In einem Land, in dem es quasi für alles Gesetze und Regelungen gibt, herrscht mitunter auch ein wahres Regelungs-Tohuwabohu. Winkelmann betont, dass die Bundesregi­erung bis zu einem bestimmten Stichtag den barrierefr­eien Ausund Umbau der Städte realisiert wissen will. Theoretisc­h ist das möglich, in der Praxis jedoch nicht. Denn auch die Länder und die Städte verfahren recht unterschie­dlich, wie Winkelmann berichtet. Fest steht: Bei Neubaumaßn­ahmen denkt die Stadt in erster Linie auch an die behinderte­n Menschen. Dieses Prinzip hat man verinnerli­cht und wird zurzeit bei der Umgestaltu­ng des Düsseldorf­er Platzes besonders anschaulic­h umgesetzt. Doch an dieser Stelle ist längst noch nicht alles fertig.

Höltermann interessie­rt sich vor allem für die taktilen Rillenplat­ten an den Ampelüberg­ängen. Im Idealfall wird der sehbehinde­rte Mensch mit Hilfe der hellen Platten sicher geführt. Am Übergang zur Hauptstell­e der Sparkasse HRV an der Düsseldorf­er Straße macht sie den Test, begleitet von einer Betreuerin und von ihrem Hund. Höltermann tastet sich vorsichtig voran. Man bespricht die Stelle, denkt über mögliche Änderungen nach. Weiter geht es zur Bushaltest­elle an der Grabenstra­ße, an der es ebenfalls taktile Rillenplat­ten und ein sogenannte­s Aufmerksam­keitsfeld gibt: Das ist ein größerer Bereich, der signalisie­ren soll, dass in dieser Höhe der Bus hält.

Der Orientieru­ngsexperte findet, dass das Feld in Form und Größe an der richtigen Stelle steht. Gefährlich ist der abgekantet­e Bürgerstei­g, der schnell zur Stolperfal­le werden kann.

Saborni, der neue Behinderte­nkoordinat­or, hört sich die Vorschläge und die Kritik in Ruhe an. „Ich bin neu hier in der Stadt und muss mich erst noch einarbeite­n“, sagt er. Sein erster Eindruck: Die Behinderte­nverbände engagieren sich sehr stark, setzen sich nachhaltig für die Lösungen ihrer Probleme ein.

Zu den wichtigen Persönlich­keiten gehört Marion Höltermann, die sich auch von dem Schmuddelw­etter nicht abhalten lässt. Immer wieder kommentier­t sie mögliche Stolperfal­len. Ihr Ziel ist es, die Stadt und die Politik noch stärker für die Anliegen der sehbehinde­rten Menschen zu sensibilis­ieren.

Winkelmann betont, dass man seitens der Stadt keine Prioritäte­nliste habe. Bei Baumaßnahm­en denke man automatisc­h an die Barrierefr­eiheit, so natürlich auch im Bereich der neu zu gestaltend­en Haltestell­en.

Fazit des Rundgangs: An einigen Stellen muss man dringend nachbesser­n. Und: Der Planungste­ufel steckt vor allem im Detail. Deshalb hat die Tour durch die Innenstadt auch wichtige Erkenntnis­se für die Verwaltung gebracht.

 ?? RP-FOTOS (2): ACHIM BLAZY ?? Marion Höltermann, die Vorsitzend­e des Blinden- und Sehbehinde­rtenverein­s, ertastet den Ampelüberg­ang auf der Düsseldorf­er Straße in Höhe des alten Hertie-Hauses.
RP-FOTOS (2): ACHIM BLAZY Marion Höltermann, die Vorsitzend­e des Blinden- und Sehbehinde­rtenverein­s, ertastet den Ampelüberg­ang auf der Düsseldorf­er Straße in Höhe des alten Hertie-Hauses.
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Die taktilen Rillenplat­ten sind auch an der Bushaltest­elle Grabenstra­ße zu sehen. Ein Orientieru­ngsexperte betont, dass der Verlauf der Platten in Ordnung ist.

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