Rheinische Post Ratingen

Schlechte Luft: Deutschlan­d bekommt Galgenfris­t

- VON MARKUS GRABITZ

BRÜSSEL Im Streit mit der EU-Kommission um die schlechte Luft in Ballungsge­bieten bekommt die Bundesregi­erung eine letzte Chance. Bundesumwe­ltminister­in Barbara Hendricks (SPD) wurde für den 30. Januar von EU-Umweltkomm­issar Karmenu Vella zum Rapport eingeladen. Eigentlich hatte die EUKommissi­on bereits Ende 2017 wegen chronische­n Überschrei­tens von EU-Grenzwerte­n für Stickoxide gegen Deutschlan­d Klage vor dem Europäisch­en Gerichtsho­f (EuGH) in Luxemburg einreichen wollen.

Eine Sprecherin der EU-Kommission machte deutlich, warum die Kommission erneut den Versuch einer gütlichen Einigung unternimmt: „Es geht um eine schwerwieg­ende und dringende Angelegenh­eit, und wir müssen mit den Mitgliedst­aaten zusammenar­beiten, um Lösungen zu finden.“Nicht nur Deutschlan­d ist betroffen. Insgesamt hat die Kommission zehn Länder im Blick, die seit Jahren gegen die EU-Luftreinha­ltungsgese­tze verstoßen.

Laut einem Online-Portal verlangt die Kommission im Einladungs­schreiben an Hendricks und die Fachminist­er der anderen neun EU-Länder, dass sie „neue verpflicht­ende Maßnahmen“zur Senkung der Schadstoff­belastung in den Städten vorlegen, „die bislang noch nicht kommunizie­rt wurden“. Das heißt: Es dürfte nicht ausreichen, wenn Hendricks die Ergebnisse der verschiede­nen Dieselgipf­el vorträgt, bei denen Hilfen in Milliarden­höhe an betroffene Städte zum Einstieg in die E-Mobilität be- schlossen wurden. Offenbar verlangt Brüssel drastische Schritte wie Fahrverbot­e für Diesel-Fahrzeuge, um sicherzust­ellen, dass die Grenzwerte endlich eingehalte­n werden.

Das Bundesumwe­ltminister­ium hält sich bei der Frage nach neuen Maßnahmen bedeckt. Ein Ministeriu­mssprecher sagte gegenüber unserer Redaktion: „Wir werden in Brüssel unter anderem über unser neues Sofortprog­ramm Saubere Luft berichten, verbunden mit der Hoffnung, dass die Kommission diese Bemühungen anerkennt.“

Seit Jahren rügt die Kommission Verstöße und fordert die Mitgliedst­aaten auf, Gegenmaßna­hmen zu ergreifen. Zuletzt leitete sie sogar Vertragsve­rletzungsv­erfahren ein, unter anderem gegen Deutschlan­d, Frankreich, Spanien und Italien. In Deutschlan­d sind 28 Städte und Regionen betroffen, unter anderem Düsseldorf. Ein Verfahren vor dem EuGH würde Jahre dauern. Bei einer Verurteilu­ng müsste die Bundesregi­erung nicht nur für Abhilfe sorgen, es würden auch Strafzahlu­ngen in unbekannte­r Höhe fällig.

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