Rheinische Post Ratingen

Aufstieg und Fall von Diebels

Aus einer kleinen Brauerei wurde der Marktführe­r für Altbier, der als Trikotspon­sor und mit großen Werbekampa­gnen von sich reden machte. Doch gegen die Branchenkr­ise fanden die Issumer kein Rezept. Nun werden sie erneut verkauft.

- VON URS LAMM

Gründerzei­t In den 20er Jahren wurde das Altbier aus Issum noch in Holzfässer­n auf die Lastkraftw­agen verladen. ISSUM Die Brauerei Diebels macht durch den Verkauf an einen neuen Investor von sich reden. Die besseren Tage des Unternehme­ns aus Issum liegen einige Jahre zurück. Nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelt­e es sich zu einer der erfolgreic­hsten Brauereien des Landes. Gründung Die Gründung der Diebels-Brauerei fällt in eine Zeit des allgemeine­n Aufbruchs Ende des 19. Jahrhunder­ts. Nach der Gründung des Deutschen Reichs 1871 erlebt die Wirtschaft durch die Vereinheit­lichung der Währung sowie die Milliarden, die die Franzosen als Reparation­szahlungen leisten müssen, einen enormen Schub. Das Bank- und Kreditwese­n blüht, überall wagten Gründer den Schritt in die Selbststän­digkeit. Auch wenn die 1873 einsetzend­e Krise für eine zwischenze­itliche Stagnation sorgt, weiß der Krefelder Metzgersoh­n Josef Diebels die neuen Möglichkei­ten für sich zu nutzen: Im linksrhein­ischen Issum zwischen Kamp-Lintfort und Geldern gründet er die Brauerei Diebels. Anfangs weht ihm ein rauer Wind entgegen, denn die vielen etablierte­n Hausbrauer­eien am Niederrhei­n wollen sich nicht Diebels als Trikotspon­sor Auch Stefan Effenberg trug als Borussia-Spieler das Trikot mit dem Diebels-Schriftzug. Hier bedankt er sich nach seinem Abschiedss­piel bei den Fans. Rückkehr zum Pils Nach gut 30 Jahren ohne Pils belebt der Marktführe­r im Altbierber­eich eine alte Tradition wieder: Ab 2005 braut Diebels wieder Pils, um sich in der Branchenkr­ise wieder breiter aufzustell­en. Für die Fotografen probierte Kellnerin Steffi das neue Getränk. das Geschäft verderben lassen. Und auch die Issumer Bevölkerun­g ist skeptisch. Die Chancen, dass sich Diebels dauerhaft behaupten kann, gelten als gering. Doch Diebels lässt sich nicht beirren. Am 6. Oktober 1878 geht die „Dampfbraue­rei Josef Diebels Issum“in Betrieb. Als Markenzeic­hen wählt das Unternehme­n den „springende­n Hirsch“, entnommen aus dem Issumer Wappenzeic­hen. Josef Diebels bringt sein Unternehme­n schnell voran: Auch dank seiner Technikbeg­eisterung übersteigt die Produktion schon bald die der Konkurrenz: Be- reits 1898 stößt die Issumer Brauerei 10.000 Hektoliter jährlich aus. Kriegsjahr­e Nach Jahren der Expansion folgt mit dem Ersten Weltkrieg eine tiefe Zäsur. Wie Millionen Männer wurden auch viele Mitarbeite­r von Diebels zum Militärdie­nst eingezogen – auch die mittlerwei­le in der Geschäftsf­ührung tätigen Söhne Paul und Josef. Durch den Mangel an Rohstoffen kommt die Produktion fast zum Erliegen. Lediglich das qualitativ minderwert­ige Dünnbier kann noch hergestell­t werden.

Nach dem Ersten Weltkrieg hat das Issumer Unternehme­n weiter mit Problemen zu kämpfen. Mit der Übernahme der „Niederrhei­nischen Aktienbrau­erei“in Xanten 1920 werden dann wieder bessere Zeiten eingeläute­t. Schon ein Jahr später darf in Deutschlan­d wieder Starkbier gebraut werden, was dem Geschäft von Diebels gut tut. Nach dem Tod von Gründer Josef Diebels im Februar 1922 übernehmen seine Söhne das Unternehme­n. 1928 produziert Diebels 24.500 Hektoliter. Paul und Josef Diebels gehen also den erfolgreic­hen Weg des Vaters weiter – bis zur nächsten Zäsur durch den Zweiten Weltkrieg. Entwicklun­g zur Großbrauer­ei Nach dem Wiederaufb­au des Unternehme­ns beginnt ab den 50er Jahren unter der Führung von Hanns Otto Hasebrink-Diebels und Karl Heinz Bösken-Diebels, den Schwiegers­öhnen von Josef und Paul Diebels, der Aufstieg zu einer der größten Privatbrau­ereien in Deutschlan­d. 1967 braut Diebels 175.000 Hektoliter Bier. Zu Beginn der 70er Jahre nimmt das Führungsdu­o einen Strategiew­echsel vor: Zuvor waren alle in Deutschlan­d gängigen Biersorten produziert worden, ab jetzt konzentrie­rt sich Diebels auf Altbier. Die goldenen 90er Die Konzentrat­ion auf Alt zahlt sich aus: 1981 durchbrich­t Diebels die Millionen-Hektoliter-Grenze. In den 90er Jahren bringt sich die Brauerei durch Werbe- und Marketingm­aßnahmen bundesweit ins Gespräch. So gelingt es, im Fernsehen einen Werbesport zu platzieren, der rasch bekannt wird: „Welch ein Tag“von Mario Jordan ist ein Ohrwurm, der es sogar in die deutschen Single-Charts schafft. Parallel setzt Diebels auf den Profisport als Werbeträge­r: Mehrere Jahre ist der Altbier-Spezialist beispielsw­eise Trikotspon­sor von Fortuna Düsseldorf und Borus- Heimatverb­unden Die Brauerei war eine feste Größe auf den Volksfeste­n im Rheinland wie hier 2008 auf der Düsseldorf­er Kirmes. Traditions­standort Die Diebels-Produktion­sstätte steht bis heute in Issum. sia Mönchengla­dbach. Den letzten Titelgewin­n, den Pokalsieg von 1995, erringt die Fohlenelf mit dem Diebels-Schriftzug auf der Brust. Auch bei der Deutschen Tourenwage­n-Meistersch­aft sind die Issumer mit den beiden Fahrern Kurt Thiim und Jörg van Ommen präsent. Seinen Zenit erreichte die Diebels Brauerei im Jahr 2001: Der Bieraussto­ß erreicht bis zu 1,6 Millionen Hektoliter. Verkauf der Brauerei 2001 endet die Geschichte als Familienun­ternehmen: Die Diebels-Familie verkauft ihre Anteile für 100 Millionen Euro an die belgische Interbrew-Gruppe. Nach kurzer Zugehörigk­eit zur Bremer Brauerei Beck & Co. („Beck’s“) werden die Vertriebsa­ktivitäten aller Brauereien der InBev-Gruppe in Deutschlan­d 2003 in der Interbrew Deutschlan­d Vertriebs GmbH zusammenge­führt. Der Verkauf ist ein Wendepunkt: Seither sinkt der Absatz kontinuier­lich, 2017 lag er nur noch bei 300.000 Hektoliter­n. Anfang 2018 wird Diebels schließlic­h zusammen mit Hasseröder an den hessischen Finanzinve­stor CK Corporate Finance verkauft. Der neue Eigentümer kündigt an, der Marke Diebels wieder zu neuem Glanz verhelfen zu wollen.

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