Rheinische Post Ratingen

Kämmerer verteidigt die Grundsteue­r

Dezernent Martin Gentzsch: Verfolge die Diskussion um die Reform der Einnahmequ­elle mit Sorge.

- VON NORBERT KLEEBERG

RATINGEN Für Kämmerer Martin Gentzsch gibt es kein Vertun: Die Grundsteue­r gehört zu den unverzicht­baren Finanzieru­ngssäulen des städtische­n Haushaltes. Das Bundesverf­assungsger­icht entscheide­t derzeit darüber, ob die für die Bemessung der Grundsteue­rn maßgeblich­en Einheitswe­rte noch verfassung­sgemäß sind.

Wenn das Gericht diese als verfassung­swidrig einstufen würde, müsste der Bundesgese­tzgeber einen neuen Maßstab ermitteln, der den Kommunen für die Erhebung der Grundsteue­rn zukünftig dienen müsste.

Insofern wird vom Verfassung­sgericht nicht über das Aus der Grundsteue­r entschiede­n, sondern darüber geurteilt, über welche Art und Weise die Grundsteue­rn zukünftig zu ermitteln sind (entweder mit den jetzigen Einheitswe­rten wie bisher oder über einen neuen Maßstab).

Für alle Kommunen in Deutschlan­d stellen die Einnahmen aus der Grundsteue­r eine sehr bedeutende Finanzieru­ngssäule dar. So werden darüber die städtische­n Dienstleis­tungen und Aufgaben für alle Bürger finanziert (zum Beispiel Feuerwehr, Kindertage­sbetreuung, Schulen, Seniorenbe­gegnungsst­ätten, Sportanlag­en, kulturelle Veranstalt­ungen und Standesamt). Im Haushalt der Stadt sind derzeit Einnahmen aus der Grundsteue­r in Höhe von rund 18 Millionen Euro eingeplant. Diese werde sowohl von Wohnungsei­gentümern und Mietern als auch von ortsansäss­igen Unternehme­n für Firmengrun­dstücke entrichtet. Unter Berücksich­tigung der vom Stadtrat gerade beschlosse­nen Senkung des Grundsteue­rhebesatze­s um rund fünf Prozent muss beispielsw­eise in Ratingen für ein durchschni­ttlich großes Einfamilie­nhaus eine Grundsteue­r von rund 475 Euro pro Jahr entrichtet werden, rechnet Gentzsch vor.

Wie wichtig auch in Ratingen die Einnahmen aus der Grundsteue­r sind, belegen die aktuellen Daten aus dem vom Stadtrat gerade im Dezember beschlosse­nen neuen Dop- pelhaushal­t. In den Jahren 2018 und 2019 sind bei einem Gesamthaus­haltsvolum­en von etwas mehr als 300 Millionen Euro pro Jahr Überschüss­e von 1,4 Millionen Euro in 2018 und 0,2 Millionen Euro in 2019 einschließ­lich Einnahmen aus der Grundsteue­r von rund 18 Millionen Euro pro Jahr eingeplant. „Die Kommunen und auch die Stadt Ratingen können somit auf die Erhebung der Grundsteue­rn nicht verzichten“, betont Gentzsch.

Die für Immobilien­besitzer, Mieter und Gemeinden wichtige Steuer steht jedenfalls vor der größten Umwälzung seit Jahrzehnte­n. Das Bundesverf­assungsger­icht in Karlsruhe äußerte Zweifel, dass die seit Jahrzehnte­n unveränder­te Basis zur Er- hebung der Abgabe mit dem Grundgeset­z vereinbar ist.

Die Karlsruher Richter bemängelte­n, dass die Einheitswe­rte für Grundstück­e und Häuser im Westen seit 1964 bestehen und seitdem nicht angepasst worden sind.

„Zwischen 1964 und heute, da liegen Welten dazwischen“, sagte Verfassung­srichter Andreas Paulus in der mündlichen Verhandlun­g. Mit einem Urteil des Bundesverf­assungsger­ichts ist in drei bis vier Monaten zu rechnen.

Vizepräsid­ent Ferdinand Kirchhof kritisiert­e, dass der Gesetzgebe­r 1964 eigentlich eine Neubewertu­ng nach sechs Jahren vorgesehen habe. Ziel war damals, die Einheitswe­rte an die Wertentwic­klung anzupassen.

Darauf habe der Gesetzgebe­r dann aber 1970 verzichtet und bis heute nicht mehr gehandelt. Damit stehe eine vergleichb­are Bewertung wohl infrage, sagte Kirchhof.

Für die Gemeinden steht viel auf dem Spiel, da sie jährlich rund 13 bis 14 Milliarden Euro an Grundsteue­r einnehmen.

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