80 trifft 18: So kommt Pfiff in die Politik
Wir schreiben das Jahr 2018: Klaus-Dieter Völker (80, CDU) ist ein erfahrener, Alexander Kraft (bald 18) ein junger Politiker. Im RP-Gespräch diskutieren sie ihre Standpunkte.
KREIS METTMANN Die Jugend interessiert sich nicht für Politik? Stimmt nicht, sagt Alexander Kraft (17), der gerade ins Haaner Jugendparlament gewählt wurde. „Es gibt ein großes Interesse daran, etwas zu bewegen.“Für Klaus-Dieter Völker (80), Chef der CDU-Kreistagsfraktion – er wird kommenden Samstag bei einem Empfang mit viel PolitProminenz im Kreistag als dienstältester Kreistagsfraktionsvorsitzender in NRW geehrt – eine gute Nachricht, „denn hier in einer Stadt ist Politik konkret und kann etwas bewegen.“Gemeinsam tauschen sie auf Einladung der RP ihre Erfahrungen aus – am 18. Tag des Jahres 2018.
Herr Völker, Sie sind gerade 80 geworden – wie war das damals bei Ihnen mit der Volljährigkeit?
VÖLKER Zu meiner Zeit wurde man mit 21 Jahren volljährig, und erst mit 23 durfte man wählen. Für mich war das kein Problem, weil ich gar nicht so früh parteipolitisch tätig, wohl aber in der Jugendarbeit engagiert war. Ich leitete den Jugenddorf-Club Bergisch Land. Zum fünfjährigen Bestehen hatte ich 200 Gäste aus ganz Deutschland nach Haan eingeladen, nicht aber den örtlichen Bürgermeister. Ab diesem Zeitpunkt war mein Weg in die Politik, in die CDU vorbestimmt.
Herr Kraft, sie werden in diesem Jahr 18 – ein besonderer Geburtstag?
KRAFT Viele Jugendliche feiern heute den 18. Geburtstag besonders groß. Man ist dann voll geschäftsfähig, darf wählen und kann sich in der Schule selbst entschuldigen. Deshalb ist es mehr als ein gewöhnlicher Geburtstag.
Fühlen Sie sich als Erwachsener?
KRAFT Da hat jeder seine eigene Entwicklung: Es gibt 16-Jährige, die deutlich erwachsener sind als so mancher 19-Jährige. Für mich persönlich macht der 18. Geburtstag keinen allzu großen Unterschied.
Herr Völker, viele gestandene Persönlichkeiten schimpfen auf „die Jugend“. Die sei sehr unpolitisch, nur auf Party aus und interessiere sich nicht für das, was in einer Stadt, im Kreis, Land oder Bund diskutiert werde. Wie erleben Sie die aktuelle Jugend?
VÖLKER Wir als Partei sind nicht so nah dran an jungen Leuten, wie wir das gerne sein möchten. Der Grund dafür ist ein ganz natürlicher. Früher war die Volksschule die allgemeine Bildungsstätte. Heute ist es das Gymnasium, weil man den jungen Menschen sagt, wenn du kein Abitur hast, dann hast du später auch keine Chancen. Für uns bedeutet das: Mitglieder der Jungen Union machen ihr Abitur und sind dann weg aus einer Stadt und studieren. Und man weiß nicht, ob man die noch mal zurückbekommt. Denn anschließend wollen sie Karriere machen, haben wenig Zeit. Da ist Politik eine sehr trockene Materie und beruflich nicht unbedingt karrierefördernd. Deshalb haben wir es sehr schwer, junge Erwachsene nach ihrem Studium zurück in die Politik zu bekommen.
Warum haben Sie, Herr Kraft, sich in das Jugendparlament wählen lassen? Was versprechen Sie sich davon?
KRAFT Ich glaube, die Mitarbeit im Jugendparlament ist eine gute Möglichkeit, in die politische Welt einzusteigen. Solche Punkte gibt es eher selten. Der Politikunterricht ist meist sehr trocken und theoretisch. Eine Parteimitgliedschaft kommt für viele in meinem Alter nicht in Frage, weil sie sich nicht an eine Partei binden. Man will sich vielmehr für konkrete Themen engagieren. Zudem sind die großen Volksparteien SPD und CDU kaum voneinander zu unterscheiden. Das wirkt auf viele wie ein Einheitsbrei – und des- halb werden die Ränder stärker – ob rechts, ob links. VÖLKER Darf ich Ihnen einen Rat geben? Landes- oder Bundespolitik ist kein guter Einstieg in die Politik. Höchstens für Juristen, die nicht wissen, was sie mit ihrem Examen anfangen sollen. Hier im Ort, in einer Stadt, da ist Politik praktisch und nicht ideologisch geprägt.
Wie haben Sie sich damals gegen die Altvorderen der Haaner CDU als junger Mann behauptet?
VÖLKER Zunächst wollte ich gar nicht in die Kommunalpolitik gehen. Bis ich dann an einer Fraktionssitzung teilgenommen und gemerkt habe, was man da alles bewegen kann. Das hat mich umgestimmt. Und dann habe ich Seminare besucht, um dort zu lernen, was ist ein Haushalt, was ist Baurecht, wie sind Abläufe zu organisieren. Damit konnte ich punkten – bei Parteifreunden, die viel praktische Erfahrung hatten und vor allem bei der Verwaltung. Die braucht die Politik im Prinzip nicht, wir Politiker sollen sie aber kontrollieren. Dazu braucht man Wissen, um als Gesprächspartner auf Augenhöhe zu bleiben. Mit Wissen kann man viel bewirken.
Was müssten die Parteien machen, um mehr junge Leute für Politik und Demokratie zu begeistern?
KRAFT Ich sehe das Problem eher in der Schule, in zu starren Vorgaben der Bildungspolitik. Eigentlich müssten wir im Politikunterricht in Projekten arbeiten – und dazu die anderen Fächer heranziehen. Also Biologie, Chemie bei Umweltthemen oder Mathematik, wenn es um den Staatshaushalt geht. In solchen Projekten wäre Politik praktisch zu erleben und nicht als Thema von Parteien einbetoniert. VÖLKER Das wäre sicherlich spannend. Nur: Ich brauche für Entscheidungen eine gewisse Grundausrichtung – ob ich CDU bin oder Sozi oder Liberaler oder Linker: Solch eine Verortung hilft mir dabei, zu Lösungen zu kommen. Wenn ich einer Partei nahe stehe, da aber nicht alles gut finde, dann gehe ich doch da hinein, um etwas zu verändern und zu verbessern.
Was ist Ihr Ziel für 2018?
KRAFT Ich möchte mehr lesen und im Jugendparlament vor allem ökologische Dinge umsetzen, etwa das Verbot des Tierzirkus in Haan. VÖLKER Für 2018 habe ich mir nichts Besonderes vorgenommen. Ich möchte fit bleiben und alt werden. Daneben möchte ich Politik sichtbarer machen. Es nützt nichts, wenn wir viel bewegen, das aber nicht wahrgenommen wird, etwa in der Tourismusregion Neanderland. DIRK NEUBAUER STELLTE DIE FRAGEN.