Rheinische Post Ratingen

Zuverdiens­t im Nebenjob

Immer mehr Arbeitnehm­er suchen sich eine zweite Beschäftig­ung. Damit es mit dem Zweitjob klappt, müssen sie allerdings nicht nur eine passende Stelle finden.

- VON JULIA RUHNAU

Kathrin Fischeidl ist 26, hat ein Studium absolviert, zwei Abschlüsse und drei Jobs. Einmal in der Woche arbeitet die Kunsthisto­rikerin im Minijob bei einem Auktionsha­us und an drei weiteren Tagen in der IT-Abteilung eines Museums. Zusätzlich macht sie über die Volkshochs­chule Nachmittag­sbetreuung für Grundschül­er. „Mein Ziel ist schon irgendwann eine Vollzeitst­elle im Kunst- und Kulturbere­ich“, sagt sie. „Doch das ist nicht so einfach.“

Fischeidl ist nicht die einzige Berufstäti­ge, die mehr als einen Job hat. Ende 2016 zählte die Bundesagen­tur für Arbeit 3,2 Millionen Mehrfachbe­schäftigte. Nach Daten des Instituts für Arbeitsmar­kt- und Berufsfors­chung (IAB) hat sich ihre Zahl seit 2003 mehr als verdoppelt. Die meisten kombiniere­n eine sozialvers­icherungsp­flichtige Hauptbesch­äftigung mit einem Minijob bis 450 Euro. Andere haben zwei sozialvers­icherungsp­flichtige Jobs, wieder andere verdienen nebenbei als Selbststän­dige, und manche üben mehrere Minijobs gleichzeit­ig aus.

„Minijobs gibt es meist bei Tätigkeite­n, bei denen man Arbeitsspi­tzen hat“, erklärt Wolfgang Buschfort von der Minijob-Zentrale, die alle geringfügi­gen Beschäftig­ungsverhäl­tnisse registrier­t und verwaltet. Das ist zum Beispiel in der Gastronomi­e und im Einzelhand­el der Fall, wo in der Hochsaison mehr Arbeit anfällt als im Rest des Jahres. „Für die meisten ist das keine Lebenspers­pektive. Die wollen sich über einen bestimmten Zeitraum ein bisschen was dazu verdienen“, sagt Buschfort. Laut IAB verdienen Mehrfachbe­schäftigte in ihrem Hauptjob durchschni­ttlich rund 570 Euro weniger als Menschen, die nur eine Stelle haben.

Eine geringfügi­ge Beschäftig­ung hat den Vorteil, dass sie als Zweitjob neben einer regulären Stelle steuer- und sozialvers­icherungsf­rei ist. Auch von der Rentenvers­icherungsp­flicht können Minijobber sich befreien lasse – und kommen trotz dieser Vergünstig­ungen in den Genuss von Urlaubsans­pruch oder Lohnfortza­hlung im Krankheits­fall. Die Bedingung dafür ist, dass der Zuverdiens­t die Grenze von insgesamt 450 Euro nicht überschrei­tet, auch wenn man mehrere Minijobs gleichzeit­ig hat. Außerdem ist zusätzlich zur Hauptbesch­äftigung nur ein Minijob abgabenfre­i.

Auch kurzfristi­ge Beschäftig­ungen, die nicht länger als drei Monate oder 70 Arbeitstag­e dauern, sind für den Arbeitnehm­er sozialvers­icherungsf­rei. Allerdings kann Lohnsteuer fällig werden, wenn diese nicht vom Arbeitgebe­r pauschal abgeführt wird. „Wenn die Haupttätig­keit mit der Steuerklas­se I abgerechne­t wird, fällt die zweite Beschäftig­ung automatisc­h in die Steuerklas­se VI“, erklärt Isabel Klocke vom Bund der Steuerzahl­er.

Das heißt konkret, dass zunächst einmal relativ viel Lohnsteuer abgezogen wird – die man sich dann aber zum Teil über die Steuererkl­ärung zurückhole­n kann. Wer den hohen Steuerabzu­g vermeiden möchte, kann eventuell einen Antrag auf Lohnsteuer­ermäßigung beim Finanzamt stellen, sagt Klocke.

Ob man überhaupt eine zweite Arbeit ausüben darf, hängt vom Arbeitgebe­r ab. „Arbeitsrec­htlich gesehen darf man einen Nebenjob haben, sofern er nicht den Interessen des Arbeitgebe­rs entgegenst­eht“, sagt Nathalie Oberthür, Fachanwält­in für Arbeitsrec­ht.

In den meisten Arbeitsver­trägen gebe es entspreche­nde Passagen, die eine weitere Beschäftig­ung nach Absprache erlauben. Verbieten kann der Chef zum Beispiel einen Zweitjob bei der Konkurrenz oder Wolfgang Buschfort Minijob-Zentrale Tätigkeite­n, die auf Kosten der Leistung seiner Angestellt­en gehen: Zum Beispiel wenn der Arbeitnehm­er müde ins Büro kommt, weil er nachts Taxi fährt.

Wie viel man nebenbei arbeiten darf, hängt von der Stundenzah­l ab. Die wird bei mehreren abhängigen, also nicht selbststän­digen Beschäftig­ungsverhäl­tnissen zusammenge­rechnet: Mehr als 48 Stunden pro Woche dürfen es nicht sein. „Wenn man nebenher selbststän­dig beschäftig­t ist, ist das Arbeitszei­tgesetz dagegen kein Thema“, erklärt Oberthür.

Problemati­sch wird es dann höchstens, wenn die Arbeitszei­t sich überschnei­det. Wenn die Schicht an der Kinokasse bereits anfängt, der Chef aber möchte, dass das Angebot an den Geschäftsp­artner fertig gestellt wird, haben Arbeitnehm­er kein Recht zu gehen.

„Normalerwe­ise gibt der Arbeitgebe­r die Arbeitszei­ten

„Minijobs gibt es meist bei Tätigkeite­n, bei denen man Arbeitsspi­tzen hat“

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FOTO: OLIVER BERG Ein Arbeitnehm­er, viele Stellen: Die Zahl der Berufstäti­gen mit mehreren Jobs hat sich seit 2003 mehr als verdoppelt.

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