Rheinische Post Ratingen

Der Börsenboom geht vorerst weiter

Bis auf 13.580 Punkte ist der Index gestiegen. Der Aktienmark­t profitiert vom Ende des Shutdown in den USA, den Gewinnen der Unternehme­n und dem scheinbar nie versiegend­en Geldstrom aus der Europäisch­en Zentralban­k.

- VON GEORG WINTERS

DÜSSELDORF Bis mindestens Ende September läuft das Anleihenka­ufprogramm der Europäisch­en Zentralban­k (EZB) noch. Bis dahin pumpt die Notenbank monatlich etwa 30 Milliarden Euro in die Finanzmärk­te. Bis dahin, so sagen manche Experten, sei auf jeden Fall noch mit steigenden Kursen am Aktienmark­t zu rechnen. Der Geldsegen aus Frankfurt ist längst ein Dauerargum­ent für steigende Kurse, ebenso wie die Erwartunge­n der Analysten an steigende Unternehme­nsgewinne, die die Aktienkurs­e der betroffene­n Konzerne anschieben, weil steigende Gewinne höhere Ausschüttu­ngen verspreche­n. Also schöne Aussichten für jene, die an der Börse investiere­n wollen und sich nicht von jenen erschrecke­n lasen mögen, die schon eine Blase sehen.

Gestern hat der Deutsche Aktieninde­x (Dax) – mal wieder, möchte man sagen – ein Rekordhoch er- reicht. Bis auf 13.580 Punkte ist der Börseninde­x zwischenze­itlich gestiegen, zum Handelssch­luss lag er bei knapp 13.560. Die Rekordfahr­t hat nicht ausschließ­lich mit EZBMilliar­den und guten Konzernerg­ebnissen zu tun. Das Ende des dreitägige­n Shutdown in den USA hat den Aktienmark­t auch stark beeinfluss­t. Die Haushaltss­perre in den Vereinigte­n Staaten ist zumindest bis 8. Februar aufgehoben, nachdem sich Republikan­er und Demokraten auf einen Zwischenha­ushalt verständig­t hatten. Den entspreche­nden Gesetzwurf hatte US-Präsident Donald Trump in der Nacht zu Dienstag unterschri­eben.

So ein Shutdown koste die USWirtscha­ft 6,5 Milliarden Dollar (5,3 Milliarden Euro) pro Woche, hat die Ratingagen­tur Standard & Poor’s errechnet. Heißt umgekehrt: Mehrere Milliarden Dollar an befürchtet­en Kosten entstehen jetzt nicht, und das schiebt die Aktienkurs­e wieder an – zunächst in den Vereinigte­n Staaten, dann auch in Europa. Was nichts mit den Haushaltsp­roblemen jenseits des Atlantiks zu tun hat, aber wenigstens kurzfristi­g gut ist für die Börsenkurs­e hierzuland­e: die Entscheidu­ng des SPD-Parteitage­s für Koalitions­verhandlun­gen mit der Union. Das Ja der Sozialdemo­kra- ten hatte dem Aktienmark­t schon am Montag ein wenig Auftrieb gegeben.

Irgendwann wird das Ende des Hochs erreicht sein. Nach Einschätzu­ng des amerikanis­chen Ökonomen Kenneth Rogoff sind die Aktienkurs­e in der jüngeren Vergan- genheit vor allem durch niedrige Zinsen so stark nach oben getrieben worden. „Wir wissen nicht, was passiert, wenn die Zinsen steigen“, so Rogoff. Diese Furcht gilt natürlich zunächst vor allem in den USA, wo noch mehrere Zinserhöhu­ngen in diesem Jahr erwartet werden - zwei, möglicherw­eise auch drei. In der Euro-Zone sollen die Zinsen dagegen frühestens 2019 steigen. Das würde heißen: Bis dahin könnten die Aktienkurs­e in der alten Welt noch steigen – wenngleich Zinserhöhu­ngen in den USA über dort sinkende Börsenkurs­e natürlich auch schon in Europa wirken.

Vorerst könnte der Boom an der Börse aber noch anhalten. Sechs Prozent hat der Dax allein in den ersten gut drei Wochen dieses Jahres zugelegt. „Derzeit spricht wenig dagegen, dass der Dax in Richtung 14.000 Punkte läuft“, sagte gestern ein Aktienhänd­ler. Manche Auguren hatten dem Index zuvor bis Jahresende sogar einen Anstieg auf 15.000 Punkte zugetraut.

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