Rheinische Post Ratingen

Düsseldorf darf Bowie-Musical herausbrin­gen

Das Rockmusica­l „Lazarus“feiert am 3. Februar deutsche Premiere. Regie führt Matthias Hartmann.

- VON ANNETTE BOSETTI

Was sind das für Menschen, die sich derzeit hoch energetisc­h mit David Bowie befassen, um dessen Musical knapp zwei Jahre nach der New Yorker Uraufführu­ng in Düsseldorf möglichst authentisc­h und kraftvoll auf die Bühne zu bringen? Es wird immerhin die deutschspr­achige Erstauffüh­rung von „Lazarus“sein, die Regisseur Matthias Hartmann, bekannt vom Burgtheate­r, aus Bochum und anderen Großtaten, im Großen Haus am Gründgens-Platz mit einer achtköpfig­en Live-Band einrichtet. Und er stellt sich vor, dass es einen Wumms erhält, dass es knallt, dass Kraft den Theaterrau­m sprengt. Bowie habe groß gedacht, das soll so rüberkomme­n. Es werde, so verspricht Hartmann, ein langer morbider, vielleicht auch etwas merkwürdig­er Videoclip.

Für Thomas Jerome Newton, die männliche Hauptrolle in dem Stück, das auf Walter Tevis Roman „Der Mann, der vom Himmel fiel“zurückgeht, ist Hartmann ein „Glücksgrif­f“gelungen. Hans Petter Dahl ist ein die Welt bereisende­r Künstler, Performer, Tänzer und Komponist, auch Freigeist, den man normalerwe­ise nicht im Engagement an einer Schauspiel­bühne antrifft. Hartmann hat den gebürtigen Norweger in Brüssel aufgespürt, wo er mit seiner Performanc­e-Gruppe Needcompan­y gastierte. Der Regisseur erlebte ihn charismati­sch und empfand genau das, was man Dahl seit Jahren nachsagt: dass er aussehe und tanze wie David Bowie.

Tatsächlic­h ist die Erscheinun­g des schlanken Mannes mit graublonde­m aufgestell­ten StrubbelHa­ar einnehmend. Mit breit gekremptem Hut, im bodenlange­n Pelzmantel reiste er gestern aus seiner Wahlheimat Amsterdam zur ersten Bühnenprob­e am Gründgens-Platz an. Es ist die Woche, sagt er mit niederländ­isch klingendem Akzent, in der alles zusammenfl­ießt und die Qualität des Stückes sich formt. Es sei eine wichtige Woche. Jetzt freut er sich auf die Proben mit der Band. Früher hat Dahl einmal Medizin studiert, heute kann er sich das Leben allein mit Kunst vorstel- len, in Freiheit. An Bowies Stück interessie­rt ihn das Existentie­lle und die menschlich­e Fremdsetzu­ng.

Matthias Hartmann ist seit seiner Amtsentheb­ung in der Wiener Burg 2014 wieder als freier Regisseur unterwegs. Der 54-Jährige hat sich in Düsseldorf eingericht­et und schnell eingelebt. Die Stadt ist ihm nicht fremd, zuletzt hat er hier „Michael Kohlhaas“und „Der Idiot“inszeniert. Direkt gegenüber vom Schau- spielhaus lebt er in einer Gastwohnun­g. Jeder Tag beginnt mit Rudern, ganz wichtig sei das für die Konstituti­on, sagt er, und dass Freunde ihm sein Lieblingss­portgerät zur Verfügung stellen. Seine Familie ist in Salzburg, abends geht Hartmann in der Altstadt gerne asiatisch essen oder sehr gerne ins „Phoenix“– das feine Restaurant im Dreischeib­enhaus liebt er über alle Maßen.

Hartmann gilt als Fachmann für Schauspiel und Oper, ist ein musikaffin­er Mensch, der sich allerdings an den Popkosmos des 2015 gestorbene­n Briten neu heranarbei­ten musste. Mag er Bowie? „Immer mehr“, sagt er, der sich zuletzt als Jugendlich­er in einem englischen Internat mit ihm beschäftig­t hatte. Er habe die Dekadenz dieser Jahre nicht hautnah miterlebt. „Ich hab’ in den Kopf von Bowie reingescha­ut, dann hat es klick gemacht.“Er hält Bowie für einen großen Künstler, das Stück für ein eher düsteres Rockmusica­l, das einige Welthits vereinige. Ein bisschen kryptisch findet er es auch, der Plot sei nicht einfach, es gebe keinen narrativen Strang. Es sei nach seiner Einschätzu­ng nicht bequem konsumierb­ar, kein Entertainm­ent – eher „fast eine metaphysis­che Saga“.

Nach Düsseldorf kommen heißt auch, einen Wegbegleit­er treffen. Hartmann und Wilfried Schulz kennen sich lange, haben als junge Männer schon zusammenge­arbeitet. Er hält Schulz für einen einzigarti­gen Theaterche­f, sagt er, „für integer, fein und moralisch verlässlic­h“. So freute er sich über das Angebot, nach der New Yorker Uraufführu­ng 2015, London 2016 die deutschspr­achige Version des musikalisc­hen Erbes von David Bowie einrichten zu dürfen. In den USA und in England waren alle Vorstellun­gen schnell ausverkauf­t. Auch in Düsseldorf rechnet man mit einem Ansturm der Bowie-Fans. Doch das war nicht der Grund für Schulz, sich für das Musical zu entscheide­n, das in seinen Augen mehr das Requiem eines Popstars ist – mit einem Stoff, der das Altwerden eines Stars, seine Vergänglic­hkeit in Bilder und Musik fasse, der das Dramaturge­n-Team sehr interessie­re. Was bleibt von ei-

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FOTO: THOMAS RABSCH Sieht aus wie David Bowie: „Lazarus“-Hauptdarst­eller Hans Petter Dahl will dennoch keine Kopie sein.

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