Rheinische Post Ratingen

Taxis müssen sich neu erfinden

Der Mytaxi-General-Manager über verstaubte Regeln und die Frage, wieso Freundlich­keit für Taxifahrer wichtiger wird.

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DÜSSELDORF Am Beispiel Mytaxi kann man die Vorteile der Plattform-Ökonomie erkennen: Allein in Deutschlan­d sind knapp 18.000 Taxifahrer bei der Vermittlun­gsapp registrier­t, 4300 kamen 2017 dazu. Die durchschni­ttliche Wartezeit für Kunden sank dadurch laut Mytaxi von vier auf aktuell rund 3,5 Minuten – und je attraktive­r das Angebot für Kunden wird, umso größer wird der Druck für andere Taxifahrer, mitzumache­n. Alexander Mönch ist General Manager von Mytaxi Deutschlan­d und erklärt, wie die App weiter wachsen will.

Ich finde Taxi-Apps praktisch, aber solange hohe Preise von Städten festgeschr­ieben werden, fahre ich trotzdem nicht häufiger Taxi. Das ist für Sie ein Problem, oder?

MÖNCH In der Tat. Der Wettbewerb um den Fahrgast wird immer schärfer. Es entsteht mehr Konkurrenz durch neue Mobilitäts­konzepte, gleichzeit­ig werden Carsharing-, Bikesharin­g und Leihroller-Angebote ausgebaut. Aus meiner Sicht wäre es fahrlässig, an den festen Taxi-Tarifen festzuhalt­en. Ich bin kein Freund davon, dass die Tarife völlig flexibel sind, aber man könnte ja Preisoberg­renzen festlegen, wie es auch die Monopolkom­mission für eine Übergangsp­hase vorschlägt.

Sie locken auch immer wieder mit Gutscheine­n, was Ihre Konkurrent­en gar nicht so gerne sehen, weil sie glauben, dass Sie damit die Regeln umgehen wollen. Welche Möglichkei­ten sehen Sie noch?

MÖNCH Wir entwickeln Innovation­en, die das Taxigewerb­e konkurrenz­fähiger machen. In Hamburg testen wir seit Dezember Mytaxi Match. Dabei können sich mehrere Leute, ohne sich zu kennen, ein Taxi teilen, weil sie über die App zusammenge­bracht werden. Das läuft sehr gut, speziell bei jüngeren Leuten an den Wochenende­n. Die hätten vorher kein Taxi gerufen, weil es ihnen zu teuer gewesen wäre. Wir wollen das Angebot deshalb auch ausrollen in anderen Städten. Ich könnte mir zum Beispiel vorstellen, dass es auch bei Fahrten von Geschäftsl­euten zu Messen sehr gut funktionie­rt.

Zu Ihrer Expansion gehört auch, dass Sie Büros in Großstädte­n eröffnen. Das klingt irgendwie nach alter Taxi-Zentrale.

MÖNCH Nein, darum geht es nicht. Nehmen wir mal NRW als Beispiel: Wir haben Januar 2011 unser erstes Büro in Köln aufgemacht, ein Jahr später kam dann Düsseldorf dazu. Da hatten die Fahrer im Ruhrgebiet aber wenig von. Wenn wir dort neue Leute registrier­en wollten, mussten wir Zimmer in Hotels anmieten. Seit Dezember haben wir auch ein Büro in Essen, mit dem wir präsenter sind. Es geht darum, Fahrer vor Ort informiere­n, registrier­en und schulen zu können. Wir wollen unsere Kunden persönlich kennenlern­en.

Was müssen die Fahrer bei diesen Schulungen denn lernen? Fahren können die doch alle, hoffe ich.

MÖNCH Wir erklären ihnen, wie die App funktionie­rt und weisen sie auf Dinge hin, die uns wichtig sind, zum Beispiel Pünktlichk­eit und Freundlich­keit. Oft bewirken schon Kleinigkei­ten eine Menge, etwa wenn der Fahrer nicht nur beim Einladen eines Koffers hilft, sondern auch eine Tageszeitu­ng oder an warmen Tagen ein Wasser anbietet. Die Erwartunge­n in unserer Gesellscha­ft an das Produkt Taxi sind nicht so hoch. Je mehr Wettbewerb es gibt, umso wichtiger wird es für die TaxiFahrer, sich durch Qualität und Service abzuheben.

Kunden können die Fahrt mit bis zu fünf Sternen bewerten. Vermitteln Sie Taxifahrer mit Fünf-Sterne-Bewertung bevorzugt?

MÖNCH Das haben wir mal eine Zeit lang mal gemacht, inzwischen aber nicht mehr. Nicht jede schlechte Bewertung ist schließlic­h die Schuld des Fahrers. Es gibt zum Beispiel Fälle, in denen Betrunkene schlechte Bewertunge­n geben, weil der Fahrer sie bittet, ihren Döner nicht im Auto zu essen. Da müssen wir den Fahrer dann auch ein Stück weit schützen. Aber klar ist auch: Fahrer, deren Bewertunge­n dauerhaft negativ sind, haben wir auf dem Schirm – und laden sie zu einer Qualitätss­chulung ein.

Der Taximarkt ist nicht nur bei den Tarifen streng reguliert. Wenn Fahrer einen Kunden von Düsseldorf nach Köln bringen, dürfen sie beispielsw­eise auf dem Rückweg keinen Gast aufnehmen – weil ihre Konzession nur für Düsseldorf gilt. Konkurrent­en werfen Ihnen vor, dass Sie sich nicht an diese Regeln halten.

MÖNCH Das Gegenteil ist der Fall: Wir weisen die Fahrer explizit unter anderem in unseren Schulungen darauf hin, dass dies nicht erlaubt ist. Den Sinn dieser Regel kann man gleichzeit­ig schon hinterfrag­en. Es ist eine politische Frage, ob es bei den Mobilitäts­konzepten der Zukunft Sinn macht, an kleinen, aneinander­hängenden Konzession­sgebieten festzuhalt­en. Im Personenbe­förderungs­gesetz sind viele Rege- lungen seit den 1960er Jahren zementiert. Die Welt hat sich seitdem aber geändert.

Mytaxi gehört inzwischen zu Daimler. Bevorzugen Sie deswegen Taxifahrer mit Mercedes?

MÖNCH Nein, das würde unseren Erfolg eher behindern – wir wollen ja möglichst alle Taxifahrer auf unsere Plattform holen. Trotzdem gibt es innerhalb der App die Option, als Taxi einen Mercedes zu ordern. FLORIAN RINKE FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

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FOTO: MYTAXI

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