Rheinische Post Ratingen

Die Industrie jubelt – der Handel darbt

IHK Konjunktur­barometer spricht vom besten Jahresanfa­ng seit der Jahrtausen­dwende. Der Fachkräfte­mangel wächst.

- VON DIRK NEUBAUER

KREIS METTMANN Die Börsen hatten in den vergangene­n Tagen weltweit den Rückwärtsg­ang eingelegt – mit Kursverlus­ten von bis zu sechs Prozent. Die Wirtschaft im Kreis Mettmann indes feiert den besten Jahresstar­t seit der Jahrtausen­dwende. Im direkten Vergleich mit Düsseldorf und dem Rhein-Kreis Neuss ist die Wirtschaft im Kreis Mettmann Optimismus-Champion. Befragt von der Industrie- und Handelskam­mer Düsseldorf, IHK, berichtete jedes zweite von rund 190 Unternehme­n über gute Geschäfte. Nur sechs Prozent der Firmen starteten mit negativen Vorzeichen in das Jahr 2018. Und die lassen sich nach Angaben des IHK-Konjunktur­experten Gerd Helmut Diestler klar zwei Branchen zurechnen: dem lokalen Einzelhand­el und dem Dienstleis­tungsberei­ch.

Normalerwe­ise malt der Volkswirt Diestler seine Fieberkurv­en lieber mit feiner Feder und hasst übertriebe­ne Formulieru­ng bei der Beschreibu­ng der Wirtschaft­slage im Kreis Mettmann. Das war dieses Mal ganz anders. Schon im Herbst hatte die IHK über eine sehr gute Stimmung bei den Unternehme­n berichtet. Seither hat sich der Anteil der zuversicht­lichen Unternehme­n von 28 auf 46 Prozent erhöht. Das Lager der Pessimiste­n halbierte sich von elf auf sechs Prozent. Schwarzmal­er gehen der Wirtschaft gerade aus.

Ein Zeichen von Überhitzun­g, von übertriebe­nen Erwartunge­n? Da schüttelte Diestler bei der Bekanntgab­e der Umfrageerg­ebnisse gestern den Kopf: Industrie, Bau und Großhandel treiben im Kreis Mettmann die Erwartunge­n. Und dies sei weltweit zu beobachten. Geradezu als Glücksfall für die Mettmanner Unternehme­n erweise sich die Europäisch­e Union. Der Export in EU-Länder sorgt für einen Großteil der Gewinne und der Gewinnerwa­rtungen.

Die Kehrseite des Booms ist die hohe Auslastung der Kapazitäte­n. Städte wie Haan und Ratingen berichten von Problemen, überhaupt Handwerker zu bekommen. In fast allen Städten bleiben inzwischen auch städtische Ausschreib­ungen ohne Interessen­ten. Und die gefor- derten Preise steigen. Diestler verwies auf Nachfrage darauf, dass Ausschreib­ungen der öffentlich­en Hand von Unternehme­n einen großen Aufwand erfordern. „Wenn man die Möglichkei­t hat, anderswo Aufträge zu bekommen, mögen das manche Kommunen spüren.“

Vor dem Fachkräfte­mangel wird laut Diestler bereits seit fünf Jahren gewarnt. Doch jetzt erstmals macht die Wirtschaft das Fehlen guter Mitarbeite­r als verhängnis­volle Wachstumsb­remse aus. 44 Prozent der Betriebe aller Branchen befürchten, dass ihre Geschäftse­ntwicklung darunter leidet, dass offene Stellen nicht besetzt werden können, wie IHK-Mann Diestler ergänzte.

Der in Velbert arbeitende­n IHKHandels­referent Marcus Stimmler appelliert­e an die Einzelhänd­ler, sich intensiver als bisher um den Online-Vertrieb zu kümmern. Erst 40 Prozent der von der IHK befragten Händler sind im Internet aktiv. Noch einmal weit weniger führen tatsächlic­h einen Online-Shop. Die IHK arbeite daran, dass sich dies rasch ändere.

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