Alpin-Team droht die große Leere
Mindestens eine Medaille soll es für die deutschen Rennfahrer sein. Für Viktoria Rebensburg reicht es im Riesenslalom nur zu Rang vier, Abfahrer Thomas Dreßen wird Fünfter. Es nahen die ersten medaillenlosen Winterspiele seit 2006.
PYEONGCHANG (dpa) Thomas Dreßen wertete Platz fünf in der Königsdisziplin als mutmachenden Erfolg, für Viktoria Rebensburg war das knapp verpasste Podium ihre bitterste Niederlage. Nach dem missglückten Super-Donnerstag müssen die Alpinen die ersten medaillenlosen Winterspiele seit 2006 in Turin befürchten.
Nachdem sich Dreßens Medaillentraum in der Abfahrt zerschlagen hatte, schmerzte Rang vier von Sieganwärterin Rebensburg im Riesenslalom so richtig. Ein Fahrfehler kostete sie das Podium und den möglichen Sieg. Alpinchef Wolfgang Maier sprach von einer „großen Enttäuschung“. Zwölf Hundertstelsekunden fehlten Rebensburg zum dritten Podium bei Olympia nach Gold 2010 in Vancouver und Bronze 2014 in Sotschi. „Es ist natürlich bitter“, sagte die beste RiesenslalomFahrerin dieser Weltcup-Saison. Stattdessen ließen sich Siegerin Mikaela Shiffrin (USA), die zweitplatzierte Norwegerin Ragnhild Mowinckel und Federica Brignone aus Italien feiern. „Das hätte ich nicht unbedingt noch mal gebraucht“, meinte Rebensburg, die auch bei der WM-Abfahrt 2017 „nur“Vierte geworden war.
Ihren Patzer im ersten Lauf wollte sie so schnell wie möglich abhaken. Rund fünf Zehntelsekunden habe das Malheur gekostet, meinte Rebensburg. Eine weitere ihrer oft gezeigten Aufholjagden im Finale – diesmal von Rang acht nach dem ersten Lauf auf Platz vier – reichte nicht. Die Vorfreude auf den morgigen Super-G hielt sich entsprechend in Grenzen. Statt mit MedaillenSchwung in die restlichen Rennen zu gehen, ist Rebensburg schon auf Wiedergutmachungsmission. „Das wird so ein bisserl eine Wundertüte“, meinte sie. „Ich habe die letzten Wochen nicht in der Disziplin trainiert, von daher muss man abwarten.“Ab sofort ist die Kreutherin bei Olympia nur noch Außenseiterin.
Vom Underdog zum Mitfavoriten hatte sich Dreßen entwickelt und war selbstbewusst in die Abfahrt gegangen. Das verpasste Podest wurmte ihn zwar zunächst – dann aber fand er schnell das Positive. „Ich habe wieder gezeigt, dass ich mich etabliert habe in der Weltspitze, und werde alles daran setzen, dass ich da bleibe“, betonte er. Gegen Sieger Aksel Lund Svindal, dessen norwegischen Landsmann Kjetil Jansrud und den drittplatzierten Schweizer Beat Feuz war Dreßen diesmal chancenlos. „Im ersten Moment war ich schon enttäuscht. Aber Fünfter zu sein, ist nicht so schlecht“, räumte er ein. 0,78 Sekunden fehlten dem Olympia-Debütanten auf Gold. „Vor mir ist keiner jünger als ich, das sind alles erfahrene Läufer“, erinnerte Dreßen. Als letzter Deutscher war Markus Wasmeier als Abfahrts-Vierter bei Olympia 1992 ähnlich weit vorne.
Weil Andreas Sander auf Rang zehn auch ein gutes Resultat ablieferte, konnten die Speedfahrer bereits festhalten: Mission erfüllt, Perspektive sehr gut. „Auch wenn wir knapp an einer Medaille vorbeigefahren sind, muss man trotzdem sehen, woher wir kommen. In welcher kurzen Zeit man diese positive Entwicklung genommen hat“, sagte Sportdirektor Maier. Zum Vergleich: Österreichs Abfahrer erlebten zwei Tage nach Kombinations-Gold von Marcel Hirscher ein Debakel und kamen nicht unter die besten sechs. Schlechter waren sie bei Winterspielen zuletzt 1960 in Squaw Valley (USA).
Als Matthias Mayer vor vier Jahren in Sotschi Olympiasieger wurde, war kein deutscher Abfahrer am Start. Die letzte Medaille für die Herren holte Markus Wasmeier 1994 mit seinen beiden Goldenen in Lillehammer. In der Königsdisziplin gab es seit 1992 nicht mal eine Platzierung in den Top 20 – nun rasten gleich zwei in die Top 10. Josef Ferstl kam auf Rang 25. „Gegen diese Leute zu verlieren, ist keine Schande“, sagte Alpinchef Maier im Hinblick auf das Podium mit den besten Abfahrern der Saison.