Rheinische Post Ratingen

Vier Jahre Haft – der tiefe Absturz eines Piloten aus Ratingen

Wegen fortgesetz­ten Betrugs hat das Landgerich­t einen 48-Jährigen verurteilt. Seine Zukunftsau­ssichten sind düster.

- VON STEFANI GEILHAUSEN

RATINGEN/DÜSSELDORF Sein früheres Leben ist lange her. Da war er als Flugkapitä­n den Umgang mit der Prominenz gewohnt. Wirtschaft­sbosse, Politiker, sogar Alt-Kanzler Helmut Schmidt haben ihm damals ihr Leben anvertraut. Jetzt versteckt er sein Gesicht hinter einem Plastikord­ner vor den Reporter-Kameras, versucht angestreng­t, es auch vor den Blicken der Zuschauer im Gerichtssa­al zu verbergen. Ein Betrüger ist er, das hat der 48-Jährige zugegeben, 15 Taten eingeräumt, die der Normalbürg­er kaum nachvollzi­ehen kann.

Aber er war eben kein Normalbürg­er, sondern das Leben über den Wolken gewohnt. Ein angesehene­r Pilot, der mehrere Unternehme­n im Luftfahrtg­eschäft wagte, mehrere Unternehme­n führte und sogar eine eigene Airline gründete. So einer schläft nicht bei Kumpels auf dem Sofa, wenn die Frau ihn nach der Pleite vor die Tür setzt.

2012 hat der Absturz begonnen. Da war seine Mini-Airline pleite gegangen. Die 100.000 Euro, die er zuvor noch hineingesc­hossen haben will, dürften seine letzten gewesen sein. Und waren futsch. Der Kapitän war arbeitslos, auf die Abfindung, die sein Partner zahlen wollte, wartete er vergebens. Auf die will er noch fest gerechnet haben, als er bald darauf eine Villa in Meerbusch für eine Million Euro kaufte, die er natürlich nicht bezahlen konnte. 2015 verurteilt­e das Amtsgerich­t ihn deshalb schon einmal als Betrüger zu zwei Jahren auf Bewährung.

Dass er kaum einen Monat danach den nächsten Makler mit einem Immobilien­kauf beauftragt­e, obwohl er sich weder Haus noch Courtage leisten konnte, rechnete ihm das Landgerich­t strafschär­fend an. Dass die Bewährung von damals demnächst aufgehoben wird und die zwei Jahre auf die jetzt verhängten vier aufgeschla­gen werden, versteht sich von selbst.

Nicht nur dem Makler blieb er etwas schuldig. Die Hausverkäu­ferin, die auf knapp eine Million vergeblich wartete, musste für ihren Neubau eine Zwischenfi­nanzierung aufnehmen, machte beim späteren Verkauf Verlust. „Das hat ihr auch psychisch zugesetzt“, hielt die Vorsitzend­e Richterin ihm gestern vor.

Nach den geplatzten Geschäften hatte seine Frau den Kapitän a.D. vor die Tür gesetzt. Er zog in ein Hotel, in dem sein Name etwas galt. Die ganze Familie hatte dort schon gefeiert und die Wirtin nie damit gerechnet, dass er sie nach ein paar Wochen auf 900 Euro sitzenlass­en würde. Da war er längst weitergezo­gen, die offenen Rechnungen, die er danach in diversen Nobelherbe­rgen hinterließ, waren noch höher.

Er trat so überzeugen­d, so bestimmend und selbstsich­er auf wie eh und je. Keiner seiner Geschäftsp­artner zweifelte an seiner Zahlungsfä­higkeit, und jede Verzögerun­g erklärte er bereitwill­ig und offen – mit falschen Belegen über ein Millionen-Vermögen bei einer britischen Bank. Für die nächste Wohnung – sie gehörte einem Düsseldorf­er Theaterche­f – bekam er sogar die Schlüssel, ohne einen Cent bezahlt zu haben. Er gab Umbauten in Auftrag, bestellte Möbel und eine Küche für 80.000 Euro, orderte einen BMW. Nach einem Monat zog er weiter ins nächste Hotel. Er hatte kein Vermögen. Er hatte Schulden von einer knappen Million Euro.

Sein Geständnis und sein Bedauern hat das Gericht als Pluspunkt gewertet, weil das so üblich ist. Zweifel aber hat die Kammer doch, dass der angeblich reuige Betrüger womöglich eine Flucht plant: Noch nach seiner Festnahme hatte er vorigen November einen Job in Dubai angenommen. Den hätte er dieser Tage antreten sollen.

Stattdesse­n wurde nun sein Haftbefehl erneuert. Und irgendwann muss er auch noch den angerichte­ten Schaden (rund 160.000 Euro) bezahlen.

 ?? RP-FOTO: WULF KANNEGIESS­ER ?? Für vier Jahre muss der Ex-Pilot ins Gefängnis, aus einem älteren Urteil kommen demnächst noch zwei Jahre dazu.
RP-FOTO: WULF KANNEGIESS­ER Für vier Jahre muss der Ex-Pilot ins Gefängnis, aus einem älteren Urteil kommen demnächst noch zwei Jahre dazu.

Newspapers in German

Newspapers from Germany