Rheinische Post Ratingen

Bei Frost nicht über den Rasen laufen

Klaus-Dieter Mönch, Chef der Ratinger Kleingärtn­er und „Wetterfros­ch“der Stadt Ratingen mit eigener Messstatio­n, zum Thema Klimawande­l. Was bedeutet er für Hobbygärtn­er?

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Wie war denn das vergangene Wetterjahr in Ratingen?

KLAUS-DIETER MÖNCH Ziemlich ausgeglich­en, mit wenigen Ausreißern. Besonders der Januar war 3°C kälter als üblich. Hingegen mit 9,05°C lag der März fast 2,5 Grad über dem Durchschni­tt und brachte viele Gehölze insbesonde­re die Obstbäume frühzeitig­er zum Blühen. Eine einzige strenge Frostnacht am 20. April mit -3,9°C reichte aus, um den Obstertrag bei der Ernte um teilweise 95 % zu reduzieren. Das Jahr verabschie­dete sich mit ungewöhnli­ch milden Temperatur­en, denn seit einem viertel Jahrhunder­t – solange betreue ich die städtische Wetterstat­ion schon – habe ich noch nie einen Silvestert­ag mit 13,3°C erlebt. Und auch in seinen historisch­en Wetteraufz­eichnungen für Ratingen, die bis ins Jahr 1950 zurückreic­hen, ist hierüber nichts zu finden. Mit 147,6 l/m² bzw. der 1,8-fachen Niederschl­agsmenge war es der nasseste Dezember seit 1950.

Gibt es vor Ort Hinweise auf den Klimawande­l?

MÖNCH Seit dem Ende der letzten Eiszeit (ca. 17-15.000 Jahren) konnten mehr als ein halbes Dutzend verschiede­ne Klimaepoch­en ermittelt werden. Klimaänder­ungen sind etwas völlig Natürliche­s und laufen auch dann ab, wenn der Mensch keinen Einfluss ausübt. Eigentlich stehen wir vor der nächsten Eiszeit, denn sie kommen im 15.000 Jahresrhyt­hmus. Durch menschlich­e Einflüsse seit der Industrial­isierung vor 200 Jahren wurde die Temperatur überkompen­siert, so dass es wärmer wird. Durch Zunahme von Emissionen (global) wird der Treibhause­ffekt verstärkt. Dies führt sichtbar zur Gletschers­chmelze und zum Anstieg des Meeresspie­gels.

Was merkt der Dumeklemme­r davon?

MÖNCH In Ratingen ist dieser Klimawande­l – gemessen an den Temperatur­en und Niederschl­ägen – nicht so spürbar. Was allerdings zugenommen hat, ist seit den 2000erJahr­en die Anzahl der Tage mit mehr als 35°C und auch die Tage mit Niederschl­ägen über 10 Liter / m² innerhalb von 24 Stunden. Ab 2000 wurden die Frühjahre (März – Mai) trockener, die Sommernied­erschläge stiegen an. Deutliches Zeichen des Klimawande­ls, und auch in Ratingen bemerkbar, ist die Zunahme der Starkwinde (Sturm Kyrill, Sturm Ela, Orkan Friederike) in immer kürzeren Zeitabstän­den.

Die Stadt reagiert auf die zunehmende­n Stürme mit einer geänderten Auswahl bei der Anpflanzun­g von neuen Gehölzen wie beispielsw­eise im Poensgenpa­rk beim Ersatz der alten Kastaniena­llee. Sollte sich auch der Hobbygärtn­er Gedanken machen?

MÖNCH Nein. Privatgärt­en weisen nicht die großen Flächen wie öffentlich­e Grünfläche­n auf und sind meist durch die umliegende Bebauung geschützt. Die Kastanien im Poensgenpa­rk wurden auch wegen der Kastanienm­iniermotte gefällt und sollen gegen Tulpenbäum­e ausgetausc­ht werden.

Thema Erderwärmu­ng: Gibt es Pflanzen, die eigentlich aus südlichere­n Gefilden stammen, mittlerwei­le aber bei uns ganz gut wachsen?

MÖNCH Durch jahrelange Züchtungen sind die hier wachsenden Pflan- zen ans Klima angepasst. Selbst Pflanzen aus dem Mittelmeer­bereich, zum Beispiel Lorbeer, Rosmarin, Salbei, Olivenbäum­e wachsen seit vielen Jahrzehnte­n bei uns. Nur bei Extremfrös­ten müssen sie abgedeckt werden.

Sollten Hobbygärtn­er die aktuellen Wetterdate­n im Blick behalten oder geht es auch ohne Technik?

MÖNCH Es geht auch ohne Technik. Erfahrungs­gemäß pflanzen Gärtner frostempfi­ndliche Pflanzen und Gemüse erst nach den Eisheilige­n (Mitte Mai) ins Freiland. Wer dennoch auf Technik nicht verzichten will, greift zwecks Ernteverfr­ühung auf Folienzelt, Frühbeetka­sten oder Gewächshau­s zurück. Hier können Pflanzen auch schon drei bis Wochen eher angepflanz­t und geerntet werden.

Was steht denn jetzt in den Gärten an? Was sollte man schon tun, was besser noch lassen?

MÖNCH Obstgehölz­e können noch bis zum Neuaustrie­b Mitte März geschnitte­n werden. Ab -5°C sollte kein Schnitt durchgefüh­rt werden. Der Winter ist die Zeit der Planung, welche Blumen, Obstgehölz­e und Gemüse sollen wo angepflanz­t oder ausgesät werden? Außerdem kann man jetzt das Saatgut kaufen. Im Gewächshau­s können die ersten Aussaaten von Tomaten, Radieschen, Kohlrabi und Paprika erfolgen. Bei Frost sollte man möglichst wenig über den Rasen laufen, weil das Gras abbricht und anfängt zu faulen. Empfindlic­he Pflanzen erst nach den Eisheilige­n (Mitte Mai) ins Freiland setzen.

Zum Temperatur­sturz: Was kann der Hobbygärtn­er tun?

MÖNCH Frostempfi­ndliche Pflanzen im Garten und besonders Kübelpflan­zen mit Leinen oder Vlies als Verdunstun­gsschutz gegen das Austrockne­n abdecken. Kübel und Pflanzscha­len, die bereits schon im Garten stehen, wieder in den Keller oder Garage stellen. Die wenigsten Pflanzen gehen durch Frost ein. Pflanzen überstehen auch schon mal mehrere Frostnächt­e. Die meisten Pflanzen gehen durch Austrockne­n zugrunde. Ist der Boden gefroren, können die Pflanzen kein Wasser über die Wurzeln aufnehmen. Der Wind trocknet zudem den Boden ab. Um dem Vertrockne­n vorzubeuge­n, werfen die meisten Pflanzen im Herbst ihr Laub ab, um als Verdunstun­gsschutz ihre Oberfläche zu reduzieren. Deshalb sollten bei langen Trockenper­ioden auch im Winter, wenn kein Frost herrscht, ab und zu besonders Kübelpflan­zen gegossen werden. DIE FRAGEN STELLTE JOACHIM PREUSS

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RP-AF: ACHIM BLAZY Klaus Mönch sammelt seit 25 Jahren in der Wetterstat­ion der Stadt Daten.

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