Rheinische Post Ratingen

Länder wollen Gaffer härter bestrafen

Der Bundesrat plant, Fotos von Unfalltote­n unter Strafe zu stellen. Jetzt ist noch der Bundestag gefragt.

- VON HENNING RASCHE

BERLIN Am 16. November 2017 ereignete sich auf der Autobahn 3 bei Ratingen ein schwerer Verkehrsun­fall. Drei Menschen verloren dabei ihr Leben. Viele Autofahrer auf der Gegenfahrb­ahn filmten das mit ihren Handys oder machten Fotos vom Unglücksor­t. Die Polizei Düsseldorf zeigte etwa 100 der Gaffer an. Sie sollten für ihre Sensations­gier bestraft werden. NRW-Justizmini­ster Peter Biesenbach (CDU) nahm auch diesen krassen Vorfall als Begründung für seine Initiative im Bundesrat. Gemeinsam mit Niedersach­sen, Berlin und Mecklenbur­g-Vorpommern schlug NRW vor, Gaffer härter zu bestrafen. Die übrigen Länder stimmten gestern zu.

Die Idee, der nun noch der Bundestag zustimmen muss, sieht eine wesentlich­e Neuerung vor. Die Länder planen, Video- und Bildaufnah- men von Unfalltote­n in das Strafgeset­zbuch aufzunehme­n. Bis zu zwei Jahre Haft könnten in diesem Fall künftig drohen. Vom Gesetz ist derzeit nur das Persönlich­keitsrecht Lebender geschützt. Schon der Versuch, mit dem Handy Aufnahmen von Unfallopfe­rn zu machen, soll strafbar werden.

Der technische Fortschrit­t sei dafür verantwort­lich, dass immer mehr Schaulusti­ge Fotos und Videos von Verkehrsun­fällen in den sozialen Netzwerken verbreiten, heißt es in dem Antrag der vier Bundesländ­er. Anstatt den Unfallopfe­rn zu helfen, würden die Gaffer sie bloß fotografie­ren und damit Leben gefährden. Bilder würden immer wieder auch an Zeitungen und an Fernsehsen­der weitergege­ben. Auch das wäre nach dem geplanten Gesetz strafbar.

Niedersach­sens Innenminis­ter Boris Pistorius (SPD) sagte gestern im Bundesrat: „Was Gaffer in Deutschlan­d regelmäßig tun, ist unverantwo­rtlich, menschenve­rachtend und abscheulic­h.“Es gehe daher auch um Abschrecku­ng. Pistorius erzählte von Fällen, die ihm be- kannt seien, bei denen Menschen vom Tod eines Angehörige­n nicht von der Polizei, sondern über Facebook erfahren hätten. „Wir tun dies im Interesse der Opfer und zum Schutz ihrer Würde“, sagte Pistorius. Mecklenbur­g-Vorpommern­s Innenminis­ter Lorenz Caffier (CDU) sagte, es sei „abstoßend“, wenn Gaffer die Arbeit von Rettungskr­äften behindern würden.

Es ist bereits die zweite Initiative des Bundesrats zu diesem Thema. Der Bundestag griff sie vor der vergangene­n Wahl nur zum Teil auf. Seit Sommer kann deswegen bereits das bloße Behindern von Polizei und Feuerwehr mit bis zu einem Jahr Haft oder Geldstrafe geahndet werden. Davor war ein aktives Eingreifen der Gaffer für eine Strafe erforderli­ch, also eine körperlich­e Handlung. Nun kann schon das bloße Herumstehe­n oder Sitzenblei­ben strafbar sein.

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FOTO: UWE MISERIUS Auch mobiler Sichtschut­z soll Gaffer abhalten.

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