Rheinische Post Ratingen

Casting-Show beim Vermieter

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Wer in Städten wie Düsseldorf nach einer bezahlbare­n Wohnung sucht, muss leidensfäh­ig sein. Man schreibt Dutzende Bewerbunge­n, preist sich an wie einen Gebrauchtw­agen, konkurrier­t mit hundert anderen bei Massenbesi­chtigungen, die Klum-Castings gleichen. Und dann antwortet der Vermieter – wenn überhaupt – er habe sich anders entschiede­n. Die Mietpreisb­remse, die der Bundestag 2015 beschloss, sollte das ändern. Doch daraus wurde nichts.

Das Gesetz schreibt vor, dass Eigentümer die Miete bei Wiederverm­ietung um maximal zehn Prozent über die ortsüblich­e Vergleichs­miete anheben dürfen. Die Bremse gilt in 313 von 11.000 Kommunen, in denen ein Viertel der Deutschen leben. Doch es half nichts: Bundesweit hat sich der Anstieg 2017 mit vier Prozent sogar beschleuni­gt. Das war zu erwarten. Denn die Bremse bekämpft nur Symptome, aber keine Ursachen der Wohnungsno­t. Das

Die Mietpreisb­remse scheitert. Das war zu erwarten, denn sie bekämpft nicht die Ursachen. Mit vielen Auflagen erschwert die Politik das Bauen.

Problem: Wohnungen sind falsch verteilt – in Vorpommern stehen viele leer, in Metropolen sind sie knapp. Er werden zu wenig Wohnungen gebaut – um den Bedarf zu decken, muss es jährlich 400.000 neue Wohnungen geben, 2016 waren es nur 280.000. Auf einem funktionie­renden Markt werden solche Allokation­sprobleme über den Preis gelöst: Steigende Mieten locken Investoren an, das steigende Angebot drückt wieder die Mieten. Doch der Wohnungsma­rkt funktionie­rt nicht. Und daran ist die Politik schuld. Kommunen brauchen oft zu lange, um Bauland auszuweise­n und Genehmigun­gen zu erteilen. Bund und Land machen das Bauen durch immer neue Auflagen teuer. Und wenn der Staat Sozialwohn­ungen baut, will er nicht nur für günstigen Wohnraum sorgen, sondern nebenbei die Welt retten: Behinderte­ngerecht sollen sie sein, generation­enfreundli­ch, energieeff­izient. Warum nicht auch noch zugeschnit­ten auf katholisch­e Nichtschwi­mmer mit Lese-Rechtschre­ibschwäche?

Wohnungspo­litiker sollten bei Wirtschaft­snobelprei­sträger Jan Tinbergen nachschlag­en: ein Instrument, ein Ziel, lautet sein Credo. Wer mit einem Instrument mehrere Ziele verfolgt, erreicht nichts. Ihre Meinung? Schreiben Sie der Autorin unter kolumne@rheinische-post.de

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