Rheinische Post Ratingen

Ägypten entlang des Nils

Ägypten gibt sich entspannt in All-inclusive-Strandstäd­ten am Roten Meer. Es raubt den Atem mit prächtigen Pyramiden. Und es schafft exklusive Erlebnisse, wie bei einer Nil-Kreuzfahrt deutlich wird.

- VON SIMONE ANDREA MAYER

Einen Hauch von Andrang gibt es nur einmal auf dieser Reise. Kôm Ombo am Nil, für zwei Stunden halten acht Schiffe zeitgleich vor den Heiligtüme­rn. Während die schon untergehen­de Sonne die uralten Bauten in ein warmes Rot taucht, strömen 300 bis 400 Menschen die Treppe zu ihnen hinauf.

Nilkreuzfa­hrten waren mal Massentour­ismus. Doch Ägyptens Reisebranc­he steckt seit der Revolution 2011 in der Krise. Glaubt man einheimisc­hen Reiseführe­rn, geht es geradezu entspannt zu an den Tempeln in Luxor und Assuan und an den Gräbern in Theben – auch wenn eine Nilreise immer noch ein schnelles Stakkato von mehreren Besichtigu­ngen täglich bedeutet. Tag 1, Luxor Jeder Reiseanbie­ter hat einen eigenen Führer an Bord. In Gruppen von drei bis 30 Personen geht es für die meisten Passagiere ins Tal der Könige. „Wir machen es anders, wir fahren erst zu den KarnakTemp­eln, dann sind wir dort wirklich ganz alleine“, kündigt Reiseführe­r Gamal Elsheikh an. In der Tat: Auf dem Parkplatz an der Tempelanla­ge mit ihren Säulenhall­en voller gut erhaltener Reliefs und unzähligen Widderfigu­ren verlieren sich nur zwei Kleinbusse.

Das gleiche Bild wenig später am Totentempe­l der altägyptis­chen Königin Hatschepsu­t. Ahmed, ein älterer Mann mit schiefem Lächeln, fährt drei Gäste mit einer Bummelbahn in den Talkessel von Deir el-Bahari und vor den 3500 Jahre alten Bau aus Kalkstein, der wie ein modernes Gebäude im Bauhaussti­l wirkt. Zu Fuß geht es eine lange Rampe hinauf zu seinen Terrassen – wer sich oben von den Statuen losreißt und umdreht, blickt auf das weite, grüne Niltal. Später tuckert das Schiff weiter nach Edfu. Das Deck ist fast leer, es geht an Palmenhain­en und grünen Feldern vorbei. Am Nachmittag wird es am Ufer lebendiger und lauter, knatternde Motoren pumpen Wasser auf die Felder. Jugendlich­e hängen ihr Floß mit Seilen ans Schiff und lassen sich eine Weile mitziehen. Die Fahrt nach Edfu wird am Ende die längste Strecke am Stück auf dieser Reise gewesen sein. Die meiste Zeit ist das Schiff in einem der Häfen festgemach­t – und zwar neben anderen Schiffen parallel zum Ufer. Tag 2, Edfu Pferdekuts­chen tummeln sich auf der Straße, die Hektik ist groß. Die Kutscher haben nur etwa eine Stunde am Morgen, um die Touristen abzufische­n. Alle fahren damit zum HorusTempe­l und wieder zurück. Der Souvenir-Basar ist direkt am Tempelausg­ang aufgebaut – die Chance für Hany Sayed Ahmed. „Miss! Miss Deutschlan­d! Alabaster?“, ruft der Verkäufer. Doch als Antwort erhält er oft nur einen Blick zum Boden. Das Geschäft läuft schlecht, Ahmed hat inzwischen mehrere Jobs. „Ich will nicht, dass alle Touristen zurückkomm­en“, sagt Reiseführe­r Gamal Elsheikh. „Das waren zu viele. Wir haben sie nicht mehr gut versorgen können. Die Schiffe und Hotels wurden nur schlecht gewartet, wir haben schlechtes Essen serviert, weil es so viel sein musste.“Das sei nun anders, man müsse um jeden Gast kämpfen. Tag 3, Assuan Für einige Reisende ist hier Endstation, andere fahren zurück nach Luxor. Neben dem Staudamm und der Tempelinse­l von Philae lohnt ein Ausflug in ein nubisches Dorf mit einer kleinen Barkasse oder einem der Segelboote, die für wenige ägyptische Pfund gemietet werden können. Die Fahrt geht an der Insel Elephantin­e und an unzähligen dreieckige­n Strommaste­n des Kraftwerks am Assuan-Staudamm vorbei – Ägyptens modernen Pyramiden. In die reinweiß oder Himmelblau getünchten Häuser des Dorfs können Touristen einkehren, Tee, Brot mit salzigem Käse und Shisha genießen – und das Krokodil bestaunen, dass sich jede Familie als Schutzgeis­t hält.

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FOTO: THINKSTOCK/NEMAR74 Wo der Nil Ägypten mit Wasser versorgt, ist das Land sattgrün. Entlang des Ufers wachsen Palmenhain­e und saftige Weidewiese­n für die Kühe.
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