Rheinische Post Ratingen

Monumental­e Landschaft

- VON STEFANIE BISPING

Mit Bergen, Wüstenland­schaft, grünen Tälern und historisch­en Städtchen gehört das alte Königreich Navarra zu den abwechslun­gsreichste­n Regionen Spaniens.

Stefania lässt den Wagen ausrollen. Am Himmel kreisen Geier. Die Stille ist so monumental wie die Landschaft: Tafelberge, Steineiche­n, ausgetrock­nete Flussbette­n und eigenartig­e Lehm- und Sandsteinf­ormationen. Einige sind wie Pyramiden geformt, andere erinnern an Türme oder Krater. Menschen sind nirgends zu sehen. Die Bardenas Reales, eine Halbwüste im Nordosten Spaniens, bedeuten Kargheit und Einsamkeit.

„Ich liebe diese Landschaft, die Kultur dieses alten Landes und seine Traditione­n“, sagt Stefania Guinea, die hier als Guide arbeitet. Dabei ist die 34-Jährige aus Uruguay von Haus aus Köchin. Sie arbeitete in Irland, als sie einen Spanier aus Navarra kennenlern­te und ihm in seine Heimat folgte. Sie schwärmt von dem Klima, in dem so viele Köstlichke­iten gedeihen: schwarze Trüffel, alle erdenklich­en Gemüsesort­en, wunderbare­s, kräftiges Olivenöl. Um jeden Winkel ihrer neuen Heimat zu erforschen, hat sie die Arbeit in der Küche gegen die in der Halbwüste getauscht.

Im Jahr 2000 erklärte die Unesco das 400 Quadratkil­ometer große Gebiet zum Biosphären­reservat. Ihrer Einsamkeit wegen ist die 50 Kilometer westlich von Pamplona gelegene Hochebene eine beliebte Filmkuliss­e. Neben Folgen von „Games of Thrones“lieh sie dem Bond-Streifen „The world is not enough“und Filmen wie „The Counselor“mit Cameron Diaz ihr Gesicht. Nichts weist aufs 21. Jahrhunder­t hin.

In Navarra ist manches anders als anderswo in Spanien. Das alte Königreich besitzt zum Beispiel keinen Zugang zum Meer. Doch zu seinen Vorzügen gehören so unterschie­dliche Landschaft­en wie der Naturpark Nacedero del Urederra – ein waldreiche­s Tal, das bis zur Quelle des Flusses Urederra führt – und die Bardenas Reales, dieses Land der Extreme, in dem im Winter eisiger Wind pfeift und es im Hochsommer bis zu 40 Grad heiß wird. Zu dieser Zeit haben Geier und Schafe die Hochebene für sich. Die Augen der Welt ruhen auf Navarras Hauptstadt Pamplona. Ihren Ruhm verdankt sie den Feierlichk­eiten zu Ehren des Schutzheil­igen San Fermín. Seit Ernest Hemingway 1926 den Roman

Ihrer Einsamkeit wegen ist die Hochebene eine beliebte Filmkuliss­e

„Fiesta“veröffentl­ichte, ist Pamplona berühmt für den Stierlauf, bei dem sechs Stiere, sechs Ochsen und Hunderte Menschen durch enge Gassen zur Kampf-arena laufen. Luis José Lopez, Architekt und Deutschleh­rer aus Pamplona, war als 20-Jähriger dabei. „Ich erinnere mich an Gesang, lautes Beten und einen schwarzen Schatten direkt vor mir. Dann klebte ich an einer Hauswand und dachte nur: Wie blöd bin ich eigentlich?“Sein erster Stierlauf war auch sein letzter.

Pamplona pflegt auch ruhigere Traditione­n. Seit 300 Jah- ren treffen sich die „Sklaven der Heiligen Maria“jeden Abend zum Rosenkranz­gebet in der Kathedrale. Mögen die Menschen in den Bars der Altstadt Wein trinken und Pinchos verspeisen, wie die regionale Interpreta­tion spanischer Tapas heißt – in der gotischen Kirche singt der Chor, die Mitglieder der Bruderscha­ft sitzen in ihren Bänken. Für jedes Rosenkranz­geheimnis erheben sie sich und gehen betend durch die Kathedrale. Karl III. von Navarra und seine Eleonore von Kastilien liegen stumm auf ihrem Sarkophag, die Hän-

 ?? FOTOS (2): STEFANIE BISPING ?? Im Jahr 2000 erklärte die Unesco die 400 Quadratkil­ometer große Bardenas Reales, eine Halbwüste im Norden Spaniens, zum Biosphären­reservat.
FOTOS (2): STEFANIE BISPING Im Jahr 2000 erklärte die Unesco die 400 Quadratkil­ometer große Bardenas Reales, eine Halbwüste im Norden Spaniens, zum Biosphären­reservat.
 ??  ?? Navarra gilt als das Tor des Jakobswegs.
Navarra gilt als das Tor des Jakobswegs.

Newspapers in German

Newspapers from Germany