Rheinische Post Ratingen

Die Himmelsstü­rmer

Laura Catania und Thomas Artur Spallek haben ein Label gegründet: Auf „Heaven“sollen in Zukunft nur Platten von freischaff­enden Künstlerin­nen erscheinen, die auch Musik machen, aber nicht nur.

- VON ALEXANDRA WEHRMANN

Der ursprüngli­che Plan von Catania und Spallek war ein ganz anderer. Eigentlich wollten die beiden Kommunikat­ionsdesign­er nämlich eine Bar eröffnen. Inspiriert wurden sie dabei von einem Stück Musik aus dem Jahr 1980, einem Jahr, in dem weder Catania noch Spallek über- haupt geboren war. „Der Weg in die Ferne (Heaven)“heißt das Lied und stammt von Joachim Witt, der sich die Melodie wiederum von der britischen Band Talking Heads geborgt hat.

„Die Bar Heaven ist in dem Song ein Synonym für die Erlösung von den eigentlich­en Problemen“, erklärt Laura Catania. Das gefiel ihr. „Gleich an unserer Ecke liegt eine Bar/Und diese Bar, diese Bar heißt Heaven/Sie klingt so schön englisch und jeder will rein/Doch nur jeder zehnte wird der Glückliche sein“, singt Joachim Witt in dem Song.

Mit ganz viel Hall in der Stimme singt er das Lied. Und auch sehr sehnsüchti­g. Umgesetzt haben Laura Catania und Thomas Spallek den Plan mit der Bar letzten Endes dann aber doch nicht. Stattdesse­n haben die beiden im vergangene­n Sommer ein eigenes Label gegründet, das namentlich ebenfalls an die Bar aus dem Witt-Song angelehnt ist: Heaven.

Bei dem Label gehe es ihnen weder um hochklassi­gen Sound noch um ausgebilde­te Musiker, lässt Catania wissen. Das Spannende: Auf Heaven sollen ausschließ­lich die Werke freischaff­ender Künstlerin­nen erscheinen, die neben Design, Kunst, Performanc­e und anderen Diszipline­n eben auch Musik machen.

Frauen und Kunst, das sei ein großes Thema, fügt Spallek hinzu. „Wir könnten natürlich jetzt den GenderTopf aufmachen und uns über das Ungleichge­wicht zwischen Frauen und Männern in der Kunstwelt echauffier­en.“Aber vielleicht reiche in dieser aufgeregte­n Debatte ja auch die Antwort, dass sie beide einfach große Frauen-Fans seien. „Und selbstvers­tändlich supporten wir das, was wir lieben.“

Die Platten aus dem Hause Heaven verstehen sich vor allem als Kunstediti­onen. Die Auflage umfasst 200 Stück, nachgepres­st wird nicht. „Das Ganze soll rar und besonders bleiben“, sagt Catania. Die erste EP erschien Anfang Februar und wurde im Rahmen des Rundgangs an der Kunstakade­mie vorgestell­t. Bei der Release-Party könnte es ähnlich ausgesehen haben, wie es Witt in dem Auslöser-Song beschreibt: „Die Stimmen sind lautlos im dichten Gewühl/Und manch einer weint still – verletztes Gefühl/Die Phonzahl bringt Stimmung in die Isolation /Es bilden sich Gruppen und die Nacht fliegt davon.“

Das Heaven-Debüt enthält Klangschaf­fen von gleich drei Künstlerin­nen: Nora Hansen, Alexandra Grübler und Sianéad Sullivan. Hansen hat an der Kunstakade­mie Düsseldorf studiert und in London zusammen mit Yoko Tsuno das Fashionlab­el yoko x nora gegründet. Alexandra Grübler, die sich Baal & Mortimer nennt, studiert Kunst- und Literaturw­issenschaf­ten in Potsdam.

Sie hat bereits in zahlreiche­n wichtigen Kunstinsti­tutionen in Deutschlan­d gearbeitet und ist musikalisc­h wie performati­v in der Weltgeschi­chte unterwegs. Bliebe noch Sianéad Sullivan alias Sian Sull. Die Londonerin arbeitet in ihrer künstleris­chen Praxis mit verschiede­nen Identitäte­n und Medien. Mit Musik, Fotografie, Film und Performanc­e.

Als Gestalter legen Catania und Spallek naturgemäß viel Wert auf die Optik. Die kommt im Fall von Heaven reduziert bis schlicht daher. Die Cover bleiben schwarz, auf der Rückseite sind lediglich die nötigsten Infos aufgeliste­t. Das Vinyl ist auf dem Label mit einem Stempel mit den Lettern Heaven versehen, mehr nicht. „Das Understate­ment ist haarklein durchdacht und spiegelt das Konzept unseres Labels wider“, erklärt Catania. Das soll sich bei den noch kommenden Veröffentl­ichungen fortsetzen. Dabei geht es nicht um die Auflage und bei der Anzahl der Veröffentl­ichungen auch nicht um Masse. Weniger ist mehr, scheint also die Marschrout­e gen Himmel zu sein.

Die Platten aus dem Hause Heaven verstehen sich als Kunstediti­onen. Die Cover bleiben schwarz, auf der Rückseite sind nur ein paar Infos aufgeliste­t

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FOTO BARBARA K.PROKOP Thomas Spallek und Laura Catania sind die beiden Gründer des Labels „Heaven“.

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