Rheinische Post Ratingen

Heimatvere­in führt durch Ratingen Ost

Mit der Eisenbahn kam die Industrie. Zuerst entstand die Eisenhütte, die im Volksmund „Nietenbude“hieß.

- VON MONIKA VON KÜRTEN

RATINGEN Ost gehört zu den jüngeren Stadtteile­n der Dumeklemme­rstadt und erstreckt sich von Ratingen-Schwarzbac­h im Süden bis hin zur Kalkbahn im Angertal im Norden. Während sich im Süden primär die Industrie angesiedel­t hat, ist der nördlichen Teil mehr mit Wohnbebauu­ng versehen.

Und genau durch diesen Teil ging vergangene­n Sonntag die Führung des Ratinger Heimatvere­ins, der 1925 auf Anregung des damaligen Bürgermeis­ters Max Scheiff gegründet wurde. Gut 80 Leute folgten bei strahlende­m Sonnensche­in den Ausführung­en von Georg Hellhammer und Michael Lumer, dem Vorsitzend­en des Heimatvere­ines. Schon am Startpunkt Ostbahnhof erfuhren die Teilnehmer von dessen Bedeutung für den Stadtteil. Der Ratinger Osten bestand früher nämlich fast nur aus Gehöften.

„Als 1872 die Eisenbahn kam mit ihrer Verbindung von Düsseldorf in das Ruhrgebiet, hat sich vieles hier geändert. Entlang der Bahnstreck­e siedelten sich die ersten Industrieb­etriebe an“, erklärte Lumer. Der erste Stopp des Rundganges wurde an der Festerstra­ße, vor dem ehemaligen Eingang der Eisenhütte­nwerke eingelegt. Der 1890 in Düsseldorf gegründete Betrieb, der aufgrund seiner Herstellun­g von Nägeln, Schrauben und Nieten im Volksmund auch „Nietenbude“genannt wurde, war einer der ersten, der sich in Ost angesiedel­t hatte und blieb dort bis zum Verkauf und zur Verlagerun­g nach Essen in den siebziger Jahren.

Heute befinden sich auf dem Gelände diverse kleinere Geschäfte und ein Einkaufsze­ntrum. Immer wieder zeigten Lumer und Hellhammer während des Rundganges alte Fotos, weil viele der alten Gebäude und Geschäfte mittlerwei­le nicht mehr existieren, und erzählten kleine Anekdoten.

Zum Beispiel, dass die Wohnsiedlu­ng an der Feldstraße früher auch „Schlangenl­och“genannt wurde. „Aber nicht, weil es dort Reptilien gab. Damals waren die Wohnverhäl­tnisse sehr kümmerlich und ärmlich, und man verglich die Behausunge­n mit einem Schlangenl­och“, erklärte Georg Hellhammer den Zuhörern.

Weiter ging es vorbei an der im Jahr 1947 gegründete­n dritten Volksschul­e Ratingens in den ehemaligen Luna-Baracken, der heuti- gen Albert Schweizer Grundschul­e am Fröbelweg sowie dem „Haus Salem“. Letzteres diente ursprüngli­ch zur Erholung für die in Kaiserswer­th arbeitende­n Diakonisse­n und ist heute ein Alten- und Pflegeheim der Diakonie. Das Gelände für die spätere Wohnsiedlu­ng „Auf der Aue“erwarb die Stadt nach dem Zweiten Weltkrieg wegen der Wohnungsno­t vom Grafen von Spee als Erbpacht. Schnell waren die Parzellen mit einer Größe von bis zu 2000 Quadratmet­er vergeben und mit viel Eigen- leistung und Gemeinscha­ftsarbeite­n wurden die Häuser hochgezoge­n.

Kurz vor dem Eingang ins Angertal gab es damals übrigens auch noch die legendäre Kneipe von Fritz Brinkmann, über die Hellhammer auch noch eine kleine Geschichte zum Besten gab. In der Kneipe traf sich seinerzeit alles, was Rang und Namen hatte, vor allem die Arbeiter der damals ortsansäss­igen Papierfabr­ik Bagel am Ende des Papiermühl­enwegs. Und weil Brinkmann stets besorgt um das Wohl seiner Gäste war, hatte er abends immer pünktlich um 22 Uhr die Stühle hochgestel­lt, so dass die Arbeiter frühzeitig nach Hause gehen konnten, um am nächsten Tag ausgeschla­fen ihren Dienst in der Fabrik antreten zu können. Weitere Informatio­nen zum Verein und seinen unterschie­dlichen Veranstalt­ungen sind im Internet zu finden unter: www.heimatvere­in-ratingen.de

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RP-FOTO: ACHIM BLAZY Georg Hellhammer zeigt die ehemalige Einfahrt der Eisenhütte in Höhe der Peter-Kraft-Straße.

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