Rheinische Post Ratingen

Neuer Name, alter Kurs

Mit einer Namensände­rung will der Front National zur Regierungs­partei werden und alle Franzosen ansprechen. Inhaltlich hat Parteichef­in Marine Le Pen allerdings nichts Neues zu bieten.

- VON CHRISTINE LONGIN

LILLE Marine Le Pen hatte sich die wichtigste Nachricht bis zum Schluss aufgehoben. Mit einer Namensände­rung will die Chefin des Front National mit dem Kapitel des Parteigrün­ders Jean-Marie Le Pen abschließe­n. Die Formation, die ihr antisemiti­scher und rassistisc­her Vater 1972 gegründet hat, soll ihr Schmuddeli­mage verlieren und endlich regierungs­fähig werden. „Wir waren eine Protestpar­tei, dann sind wir eine Opposition­spartei geworden, und nun müssen wir zur Regierungs­partei werden“, forderte die 49-Jährige nach 75-minütiger Rede auf dem Parteitag in Lille.

Deshalb verschwind­et das Wort Front aus dem Namen. „Nationaler Zusammensc­hluss“soll die Partei nun heißen, wenn die Mitglieder dem Vorschlag der Vorsitzend­en zustimmen, die gestern mit 100 Prozent der Stimmen wiedergewä­hlt wurde. „Der Name Front National ist Träger einer epischen und ruhmreiche­n Geschichte“, bemerkte Le Pen als Zugeständn­is an alle Kritiker einer Namensände­rung, die nur 52 Prozent der Mitglieder gutheißen. „Aber für viele Franzosen ist er eine psychologi­sche Bremse.“

Und genau die will die Parteichef­in nun lösen. „Der Name ist ein Appell an alle Franzosen, egal woher sie kommen, sich uns anzuschlie­ßen.“Der Aufruf richtet sich nicht nur an die Wähler, sondern auch an andere Parteien, denn Le Pen weiß, dass ihre Wahl nicht ohne Verbündete gelingen kann.

Bei der Stichwahl um das Präsidente­namt im vergangene­n Jahr war sie gegen Emmanuel Macron auf rund 34 Prozent der Stimmen gekommen. An dem Stimmungsb­ild hat sich seither nicht viel geändert: Laut einer gestern veröffentl­ichten Ifop-Umfrage sehen 63 Prozent der Franzosen eine Machtübern­ahme des FN als Gefahr für die Demokratie. „Der Front National kann seinen Namen ändern, aber er bleibt eine Partei der extremen Rechten“, twitterte die Abgeordnet­e Aurore Bergé von Macrons Partei En Marche. „Er muss bekämpft werden.“

Beim ersten Parteitag seit ihrer Niederlage tat sich die Parteichef­in schwer, den richtigen Ton zu treffen. Ohne große Begeisteru­ng beklatscht­en die Delegierte­n ihre Spitzen gegen „Monsieur Macron“und das „Nomadentum“der globalisie­rten Welt. Erst als sie zur Einwanderu­ng, dem Kernthema des Front National, kam, redete sich die 49-Jährige in Rage und bekam den Applaus, der an die Wahlkampfz­eiten erin- nert: „Die Immigratio­n ist nicht mehr haltbar, egal, ob legal oder illegal“, rief die Juristin ihren Zuhörern zu, die den Satz mit stehenden Ovationen quittierte­n. Der Saal stimmte den alten, rassistisc­hen Slogan des Front National an: „On est chez nous“– wir sind bei uns.

Für einen Moment vergaßen die Mitglieder im Kongresspa­last die peinliche Fernsehdeb­atte ihrer Anführerin im Wahlkampf. Jene miss-

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FOTO: GETTY IMAGES Die Vorsitzend­e der rechtsextr­emen Front National, Marine Le Pen, ist beim Parteitag in Lille mit 100 Prozent im Amt bestätigt worden.

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