Rheinische Post Ratingen

Das fehlende Klassenzim­mer

Die Abkehr vom Turbo-Abi erfordert zusätzlich­e Klassenzim­mer und mancherort­s sogar den Bau neuer Gymnasien. In vielen Kommunen herrscht aber noch Ratlosigke­it. Dabei braucht die Landesregi­erung eine solide Planungsgr­undlage.

- VON KIRSTEN BIALDIGA, FRANK VOLLMER UND UNSEREN LOKALREDAK­TIONEN

DÜSSELDORF Nur wenige Tage ist es her, da bekamen die Städte und Gemeinden in NRW eine Nachricht vom Schulminis­terium. Einen Fragebogen sollten sie ausfüllen, der es in sich hat. Die Landesregi­erung wollte unter anderem wissen, wie groß der zusätzlich­e Bedarf an Räumen in den Schulen durch die Rückkehr zum Abitur nach neun Jahren Gymnasialz­eit (G9) voraussich­tlich sein wird. Und mit welchen Mehrkosten die Kommunen rechnen.

Was die Beamten in den Rathäusern Schulminis­terin Yvonne Gebauer (FDP) im Einzelnen antwortete­n, ist vertraulic­h. Doch eine Abfrage unserer Redaktion bei den 20 größten NRW-Städten sowie den Kommunen im Verbreitun­gsgebiet der Rheinische­n Post gibt nun einen ersten Überblick. Demzufolge ist der Mehrbedarf an Räumen, teils sogar an neuen Schulen, vor allem in den größeren Städten erheblich.

Spitzenrei­ter ist Köln. Die Millionens­tadt rechnet vor, dass wegen des zusätzlich­en Jahrgangs rund 150 Klassenzim­mer plus 50 Fachräume gebraucht werden. Die Schuldezer­nentin geht davon aus, dass fünf bis acht neue weiterführ­ende Schulen gebaut werden müssen. Weil der Bau einer Schule Fachleuten zufolge rund 40 Millionen Euro kostet zuzüglich Grundstück­skosten, wäre allein für Köln mit mindestens 200 Millionen Euro zu rechnen. Düsseldorf kalkuliert ebenfalls mit einer hohen Summe, „im unteren dreistelli­gen Millionenb­ereich“, also mehr als 100 Millionen Euro. Essen veranschla­gt mindestens 45 Millionen Euro. Auch in Bielefeld könnte es einem Sprecher der Stadt zufolge notwendig sein, ganz neue Gymnasien zu eröffnen.

Die Städte können dabei nach eigenen Angaben nicht mehr einfach auf die Räume zurückgrei­fen, die durch die Verkürzung der Gymnasialz­eit freigeword­en waren. „Die Räume werden mittlerwei­le genutzt für die neuen schulische­n Aufgaben Inklusion, Integratio­n, Ganztag oder für Differenzi­erung und Förderung“, betonte ein Sprecher der Stadt Herne. Dort schätzen sie, dass 19 neue Räume gebraucht werden könnten. Viele kleinere Städte und Gemeinden hingegen geben an, sie hätten wegen rückläufig­er Schülerzah­len genug Räume zur Verfügung. Hierzu zählen etwa Wegberg, Hückelhove­n, Goch, Geldern und Nettetal.

Die Einschätzu­ng der Kommunen deckt sich in etwa mit der Prognose der Schulminis­terin. Auf entspreche­nde Fragen hatte sie in der vergangene­n Woche geantworte­t: „Bayern liegt bei 350 Millionen bis 500 Millionen Euro.“Anhand dieser Zahl lasse sich in etwa hochrechne­n, wie teuer die Umstellung in NRW werden könnte, so die Ministerin.

Allerdings herrscht in vielen Kommunen noch große Ratlosigke­it, zumal sich die Schülerzah­len von Stadt zu Stadt recht unterschie­dlich entwickeln. In Mönchengla­dbach etwa ist die Zahl der Gymnasiast­en zuletzt zurückgega­ngen, wie Schuldezer­nent Gert Fischer sagte. Aber wie die Entwicklun­g bis

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