Das fehlende Klassenzimmer
Die Abkehr vom Turbo-Abi erfordert zusätzliche Klassenzimmer und mancherorts sogar den Bau neuer Gymnasien. In vielen Kommunen herrscht aber noch Ratlosigkeit. Dabei braucht die Landesregierung eine solide Planungsgrundlage.
DÜSSELDORF Nur wenige Tage ist es her, da bekamen die Städte und Gemeinden in NRW eine Nachricht vom Schulministerium. Einen Fragebogen sollten sie ausfüllen, der es in sich hat. Die Landesregierung wollte unter anderem wissen, wie groß der zusätzliche Bedarf an Räumen in den Schulen durch die Rückkehr zum Abitur nach neun Jahren Gymnasialzeit (G9) voraussichtlich sein wird. Und mit welchen Mehrkosten die Kommunen rechnen.
Was die Beamten in den Rathäusern Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) im Einzelnen antworteten, ist vertraulich. Doch eine Abfrage unserer Redaktion bei den 20 größten NRW-Städten sowie den Kommunen im Verbreitungsgebiet der Rheinischen Post gibt nun einen ersten Überblick. Demzufolge ist der Mehrbedarf an Räumen, teils sogar an neuen Schulen, vor allem in den größeren Städten erheblich.
Spitzenreiter ist Köln. Die Millionenstadt rechnet vor, dass wegen des zusätzlichen Jahrgangs rund 150 Klassenzimmer plus 50 Fachräume gebraucht werden. Die Schuldezernentin geht davon aus, dass fünf bis acht neue weiterführende Schulen gebaut werden müssen. Weil der Bau einer Schule Fachleuten zufolge rund 40 Millionen Euro kostet zuzüglich Grundstückskosten, wäre allein für Köln mit mindestens 200 Millionen Euro zu rechnen. Düsseldorf kalkuliert ebenfalls mit einer hohen Summe, „im unteren dreistelligen Millionenbereich“, also mehr als 100 Millionen Euro. Essen veranschlagt mindestens 45 Millionen Euro. Auch in Bielefeld könnte es einem Sprecher der Stadt zufolge notwendig sein, ganz neue Gymnasien zu eröffnen.
Die Städte können dabei nach eigenen Angaben nicht mehr einfach auf die Räume zurückgreifen, die durch die Verkürzung der Gymnasialzeit freigeworden waren. „Die Räume werden mittlerweile genutzt für die neuen schulischen Aufgaben Inklusion, Integration, Ganztag oder für Differenzierung und Förderung“, betonte ein Sprecher der Stadt Herne. Dort schätzen sie, dass 19 neue Räume gebraucht werden könnten. Viele kleinere Städte und Gemeinden hingegen geben an, sie hätten wegen rückläufiger Schülerzahlen genug Räume zur Verfügung. Hierzu zählen etwa Wegberg, Hückelhoven, Goch, Geldern und Nettetal.
Die Einschätzung der Kommunen deckt sich in etwa mit der Prognose der Schulministerin. Auf entsprechende Fragen hatte sie in der vergangenen Woche geantwortet: „Bayern liegt bei 350 Millionen bis 500 Millionen Euro.“Anhand dieser Zahl lasse sich in etwa hochrechnen, wie teuer die Umstellung in NRW werden könnte, so die Ministerin.
Allerdings herrscht in vielen Kommunen noch große Ratlosigkeit, zumal sich die Schülerzahlen von Stadt zu Stadt recht unterschiedlich entwickeln. In Mönchengladbach etwa ist die Zahl der Gymnasiasten zuletzt zurückgegangen, wie Schuldezernent Gert Fischer sagte. Aber wie die Entwicklung bis