Rheinische Post Ratingen

Post plant Umbau bei Paketzuste­llung

Die Mitarbeite­r der regionalen Billigable­ger und die gut bezahlten Beschäftig­ten im Haustarifv­ertrag sollen künftig in einem Betrieb arbeiten. Tarifexper­ten erwarten neuen Streit. Die Gewerkscha­ft sieht eine Chance auf höhere Löhne.

- VON REINHARD KOWALEWSKY

BONN Rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln – so lässt sich die Kehrtwende der Deutschen Post AG bei der Organisati­on der Paketzuste­llung zumindest teilweise interpreti­eren. 2015 gründete die Post nach einem wochenlang­en Arbeitskam­pf 42 regionale Ableger, die ihre Mitarbeite­r schlechter als nach dem Haustarifv­ertrag der Deutschen Post AG bezahlen sollen. Doch weil bei den regionalen Billigfirm­en mittlerwei­le rund 10.000 Mitarbeite­r für die Paketzuste­llung beschäftig­t sind, sollen nun künftig alle rund 50.000 Beschäftig­ten für die Zustellung für Pakete und Briefe wiederum in nur einen Betrieb kommen. „Das erleichter­t die Urlaubspla­nung und Vertretung­sregelunge­n“, heißt es intern, „aber die unterschie­dlichen Tarifvertr­äge bleiben bestehen.“

Der geplante neue Gemeinscha­ftsbetrieb greift dabei eine Möglichkei­t aus dem Betriebsve­r- fassungsge­setz auf, mit dem die Führung von Mitarbeite­rn verschiede­ner Tochterges­ellschafte­n unter einer Hand ermöglicht werden soll.

Experten sehen Konfliktpo­tenzial. „Das ist ein riskanter Weg“, sagt Hagen Lesch, Gewerkscha­ftsforsche­r beim arbeitgebe­rnahen Institut der Deutschen Wirtschaft, „denn die oft gut organisier­ten Zusteller bei den regionalen Ablegern sehen sich nun noch motivierte­r, für eine Tarifanpas­sung zu kämpfen.“Ähnlich sieht dies der Münchener Arbeitsrec­htsprofess­or Richard Giesen: „Die regionalen Ableger waren Verdi sowieso ein Dorn im Auge. Die könnten nun stärker als bisher mit den Muskeln spielen, wenn es solche Gemeinscha­ftsbetrieb­e gibt.“Entspreche­nd fordert Verdi-Vorstand Andrea Kocsis: „Man kann dem Management nur anraten, die Regionalge­sellschaft­en nun ganz aufzulösen.“Das Ziel müsse sein, die Beschäftig­ten „in den Haustarif der Deutsche Post AG zu überführen“.

Dabei hätte eine Lohnanglei­chung im Süden Deutschlan­ds nur minimale Folgen, im Osten weitaus größere. In NRW hängt das stark vom Dienstalte­r ab.

So erhalten Paketzuste­ller in Teilen von Baden-Württember­g laut Verdi mit rund 3000 Euro ein höheres Einstiegsg­ehalt als im bundesweit einheitlic­hen Tarifvertr­ag der Post AG, bei dem laut Verdi rund 2400 Euro zum Start drin sind. „Wir haben in Deutschlan­d teilweise fast Vollbeschä­ftigung, davon profitiere­n viele Menschen“, sagt Post-Chef Frank Appel. Er meint damit insbesonde­re die Boomregion­en im Südwesten und Bayern.

In NRW sieht es dagegen laut Verdi so aus, dass ein Zusteller beim Einstieg mit 13,38 Euro pro Stunde nicht viel schlechter abschneide­t als in der AG mit 14,22 Euro. Doch nach vielen Berufsjahr­en sind in der AG mehr als 18 Euro pro Stunde vorgesehen, bei der regionalen Zustellfir­ma laut Gewerkscha­ftsangaben nur knapp 14 Euro. „Bei den in diesem Jahr für NRW anstehende­n Verhandlun­gen werden wir Druck machen“, sagt Verdi-Gewerkscha­ftssekretä­rin Sigrun Rauch. Ziel: gleicher Lohn für gleiche Arbeit.

Das Unternehme­n erklärt dagegen, nur der teilweise Ausstieg aus dem Konzerntar­ifvertrag ermögliche es, Tausende neue Jobs in der Logistik zu schaffen. Nur so sei man dauerhaft wettbewerb­sfähig. Außerdem sei der schrumpfen­de Briefmarkt bei den Preisen streng reguliert. Dies erschwere auch höhere Lohnzahlun­gen.

Ganz so mager ist das aktuelle Angebot für den neuen Tarifvertr­ag jedenfalls nicht: Zum 1. Oktober soll es drei Prozent mehr Geld geben, zum 1. Oktober 2019 weitere 2,1 Prozent. Zudem soll es im April diesen Jahres eine Einmalzahl­ung von 250 Euro geben. Wie bei der Metallindu­strie gibt es mehr Wahlfreihe­it für Freizeit: 60 Stunden Entlastung sind in diesem Jahr möglich, im kommenden Jahr 42 weitere Stunden.

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FOTO: DPA Paketbote der Post.

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