Rheinische Post Ratingen

Kein Platz für kölsche Romantik

Im Kölner „Tatort“geht es um den Mord an einem Reifenhänd­ler und das Seelenleid eines Ermittlers.

- VON BARBARA GROFE

KÖLN Max Ballauf leidet wie ein Hund. So unterdrück­t und dabei so schlimm, dass der Zuschauer ihn in den Arm nehmen möchte und so schnell nicht wieder loslassen. Mal versucht der Kölner Ermittler, seinem Schmerz im Hallenbad davonzusch­wimmen, mal wird er hart wie Kruppstahl, wendet Methoden an, die in der Polizeiarb­eit eigentlich verpönt sind.

„Mitgehange­n“, der neue „Tatort“aus Köln, erzählt mehrere Geschichte­n: Zunächst ist da die vom Mord an Florin Baciu, der erschossen und mitsamt Auto in einem Kölner Baggersee gefunden wird. Baciu war kürzlich als Teilhaber in den Reifenhand­el von Matthes Grevel eingestieg­en. Der Neue sorgt dank seiner Kontakte zur Raser-Szene zwar für deutlich höhere Umsätze, ist aber bei keinem der Kollegen beliebt. Offenbar wurde Baciu in der eigenen Montagehal­le erschossen – damit gerät Familienva­ter Grevel ins Visier der Ermittler.

Ballauf bringt Grevels Jungen dazu, gegen den Vater auszusagen. Das ist zu viel für Grevel. Er hält dem Druck nicht stand und erhängt sich in der Zelle, das verrät Regisseur Sebastian Ko früh. Freddy Schenk quält das schlechte Gewissen, sein Kompagnon macht komplett dicht. Und der Fall ist noch immer nicht gelöst.

„Mitgehange­n“erzählt die Geschichte von Max Ballauf, der mit dem Ermittlerb­eruf hadert und dem Zuschauer erst am Ende sagt, warum: „Du wirst nie gerufen, wenn alles gut ist, wenn alles schön ist. Du wirst immer nur gerufen, wenn alles scheiße ist, wenn alles fürchterli­ch ist.“Das ist einer dieser schlimmen Ballauf-Momente: Zu wissen, dass man auf der richtigen Seite steht und für das Gute kämpft, macht das ganze Schrecklic­he auf dem Weg halt nicht wett. Nicht immer.

„Mitgehange­n“erzählt aber auch die Geschichte von der Beziehung zwischen Ballauf und Schenk, die mal freundscha­ftlich-ehrlich ist, mal schmerzlic­h-brutal. Schenk erwähnt gegenüber dem Verdächtig­en, dass Ballauf keine Familie hat. Ballaufs Antwort auf diesen schockiere­nd unsensible­n Hinweis: „Muss man jetzt Frau und Kinder haben, um vernehmen zu dürfen?“Dann ist es wieder rührend liebevoll. Gottlob. Es wäre auch zu schlimm, wenn der Zuschauer entlassen worden wäre ohne die Gewissheit, dass Ballauf und Schenk das zusammen wieder hinkriegen.

„Mitgehange­n“ist nüchterner als die Kölner sonst. Er spielt in Hinterhöfe­n und Mittelstan­dsbetriebe­n, bei „scheißnorm­alen Leuten“, wie Alvar Goetze, der den Sohn des Verdächtig­en spielt, herausschr­eit. Er spielt nicht an Dom oder Rhein. Für kölsche Romantik mit Currywurst und Bier ist grade kein Platz. „Tatort – Mitgehange­n“, Das Erste, So., 20.15 Uhr

 ?? FOTO: WDR/THOMAS KOST ?? Freddy Schenk (Dietmar Bär, l.) und Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) sehen zu, wie ein Auto aus dem Baggersee gezogen wird.
FOTO: WDR/THOMAS KOST Freddy Schenk (Dietmar Bär, l.) und Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) sehen zu, wie ein Auto aus dem Baggersee gezogen wird.

Newspapers in German

Newspapers from Germany