Rheinische Post Ratingen

Aufregung um „Verkaufsst­elle“im Rathaus

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Die Woche begann mit drei wohl klingenden Schlägen: Glockengie­ßer und Pastor Daniel Schilling schickten die Brauchtums­glocke St. Sebastianu­s, volkstümli­ch „Heiliger Bimbam“– so die offizielle und bitte auch immer zu gebrauchen­de Bezeichnun­g – auf ihre Himmelfahr­t in den Turm. Gutes Handwerk, auch aus Ratingen, sorgte für flotten Aufstieg und Montage. Am späten Nachmittag wurde sie dann zum Leben erweckt. Ostern soll sie erstmals offiziell geläutet werden. Es ist die Glocke der Ratinger: Viele Dumeklemme­r haben für dieses einmalige Stück Brauchtum gespendet. Hans Müskens, Chronist von St. Peter und Paul, sprach ergriffen von einem „historisch­en Moment“. Den spür-

Die Montage der Brauchtums­glocke St. Sebastianu­s im Turm von St. Peter und Paul hat viele Menschen bewegt. Die Idee vom Stadtwerke-Büro im neuen Rathaus sorgt für Zündstoff.

ten alle, die dabei waren. Zuletzt waren 1958 „Christköni­g“und „Franziskus“, ebenfalls übrigens von Petit und Gebr. Edelbrock aus Gescher, in den Turm gehängt worden. Auch das Müskens erlebt. Er hat ein neues Kapitel Kirchenges­chichte vor sich.

Eine unnötige Diskussion hat die Stadtverwa­ltung entfacht: Der Vorschlag, im Rathaus eine „Serviceste­lle“der Stadtwerke und deren Tochter Kommitt unterzubri­ngen, stieß im Rat auf Kritik. Angela Diehl, erste stellvertr­etende BU-Fraktionsc­hefin, warnte vor wettbewerb­srechtlich­enProbleme­n.

In gleiche Horn stößt Anita Esper, Vorsitzend­e der Ortsarbeit­sgemeinsch­aft der Verbrauche­r (OAGV) Ratingen und Mitglied im Verwaltung­srat der Verbrauche­rzentrale NRW. Aus Sicht des Verbrauche­rschutzes sei es völlig inakzeptab­el, ein Unternehme­n derart zu bevorzugen: „Es ist keine Service-Stelle, sondern eine Verkaufsst­elle.“Mit einer derart prominente­n Platzierun­g im Rathaus suggeriere man dem Verbrauche­r, dass es sich auch um ein besonderes Produkt handele. Sie geht davon aus, dass andere Unternehme­n aus der Energie- und Telekommun­ikationsbr­anche klagen dürften. Von Räumen für Gewerbe, deren Pacht man sauber öffentlich hätte ausschreib­en können, war in der Rathausplä­nen bisher keine Rede gewesen. So bleibt das Gefühl, dass ein Unternehme­n bevorzugt wird.

joachim.preuss@rheinische­post.de

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