Rheinische Post Ratingen

„NRW ist immer noch das Herzstück der Republik“

Der Regionalch­ef der Deutschen Bank über gute Unternehme­r, die beim Wettbewerb „NRW - Wirtschaft im Wandel“gesucht werden.

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DÜSSELDORF Thomas Buschmann ist Sprecher der Regionalen Geschäftsl­eitung Nordwest der Deutschen Bank. Die Bank ist Partner unseres Wettbewerb­s „NRW – Wirtschaft im Wandel“, bei dem die Rheinische Post und die Initiative „Deutschlan­d – Land der Ideen“innovative Unternehme­n suchen.

Als Bank-Manager treffen Sie viele Firmenchef­s. Was macht einen guten Unternehme­r aus?

BUSCHMANN Er hat ein Gespür dafür, welche Dinge wichtig werden könnten, und ist bereit, Dinge zu verändern. Dabei geht es nicht nur um die Digitalisi­erung, sondern vielmehr darum, permanent das eigene Geschäftsm­odell zu hinterfrag­en und anzupassen.

Wenn es NRW offenbar nicht an gescheiten Unternehme­rn mangelt, muss man sich ja um die Wirtschaft keine Sorgen machen, oder?

BUSCHMANN Absolut nicht. Betrachtet man allein die Wirtschaft­skraft, liegt NRW auf Platz 19 in der Welt. 20 Prozent des deutschen Bruttosozi­alprodukts kommen aus NRW. Das Land ist noch immer das Herzstück der Republik. Das muss noch mehr in den Fokus gerückt werden.

Trotzdem gab es vor einiger Zeit Schlagzeil­en über „Null-Wachstum“.

BUSCHMANN Laut den Wirtschaft­sforschern vom RWI hatten wir im vergangene­n Jahr ein Wachstum von 2,4 Prozent, in diesem Jahr rechnet man mit 2,2 Prozent. Es stimmt schon: 2010 bis 2015 lag NRW hinter anderen Bundesländ­ern. Aber die Tendenz ist positiv. Das wird manchmal noch zu wenig wahrgenomm­en. Ich glaube, NRW muss daher noch mehr an seiner Reputation und dem Image arbeiten.

Sind wir auch zu kritisch?

BUSCHMANN Ja. Wenn ich geschäftli­ch in London oder Shanghai bin, erzähle ich bei bankintern­en Sitzungen anhand einer Präsentati­on auch immer etwas über den Standort NRW. Auf einer Folie zeige ich zum Beispiel die Logos der Unternehme­n, die hier ihren Sitz haben. Da ist die Überraschu­ng oft groß – viele wissen ja gar nicht, wer so alles aus NRW kommt.

Weil man NRW zunächst immer noch mit Kohle und Stahl verbindet?

BUSCHMANN Oft ist das so – und ein Stück weit ist das ja auch berechtigt. Es kommen zwar nur drei Prozent der weltweiten Stahlprodu­ktion aus Deutschlan­d, davon aber 40 Prozent aus NRW. Die Stahlbranc­he ist daher immer noch ein bedeutende­r Industriez­weig in unserem Land. Aber NRW hat im Vergleich zu anderen Bundesländ­ern gleichzeit­ig ein sehr breites Wirtschaft­sspektrum: von Automotive bis Lebensmitt­elindustri­e haben wir in NRW alles.

Wie stark ist NRW überhaupt noch vom Kohle- und Stahlerbe geprägt?

BUSCHMANN Vor Spielen des FC Schalke 04 wird immer noch das Steigerlie­d gesungen – dabei geht es nicht um Folklore. Das hat mit Tradition zu tun, einem gesellscha­ftlichen Miteinande­r, Stichwort „Kumpel“. Ich hoffe, das wird beibehalte­n. Der Strukturwa­ndel ist noch nicht abgeschlos­sen, trotzdem hat sich die Wirtschaft weiterentw­ickelt – übrigens auch im Ruhrgebiet, wo es etwa im Umfeld der Bochumer Ruhr-Universitä­t eine interessan­te Start-up-Szene gibt.

Profitiert davon auch die klassische Wirtschaft?

BUSCHMANN Wir beobachten, dass die Zusammenar­beit zwischen etablierte­n Unternehme­n und Gründersze­ne enger wird. Viele Unternehme­n sind allerdings noch in der Findungsph­ase, was die Digitalisi­erung betrifft: Was heißt das für mein Geschäftsm­odell? Welche Unternehme­nskultur brauchen wir? Das sind Fragen, die sich viele aktuell stellen. Die Vernetzung von Mittelstan­d und Start-up-Szene könnte daher aus meiner Sicht auch noch verbessert werden in NRW.

Auch die Banken werden durch die Digitalisi­erung ja unter Druck gesetzt. Wird es eine Filiale wie diese hier an der Düsseldorf­er Königsalle­e in 15 Jahren noch geben?

BUSCHMANND­as würde ich mir wünschen. Eine Filiale dient in gewisser Weise auch als eine gesellscha­ftliche Plattform. So wird beispielsw­eise gerade hier an der Königsalle­e unsere Cafélounge sehr gut genutzt. Die Filiale wird auch noch digitaler sein und die vielen Kommunikat­ionswege zu unseren Kunden zusammenbr­ingen. Auch wenn laut Statistike­n jeder zweite Kunde nur noch maximal einmal pro Jahr eine Bankfilial­e besucht, so ist der persönlich­e Kontakt zwischen Kunde und Bankberate­r auch in Zukunft in vielen Fällen unveränder­t wichtig. FLORIAN RINKE FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

 ?? FOTO: ANDREAS BRETZ ?? Thomas Buschmann ist Sprecher der Regionalen Geschäftsl­eitung Nordwest bei der Deutschen Bank. Zu der Region gehören Teile des Rheinlands, der Bereich Ruhrgebiet/Münsterlan­d und Ostwestfal­en-Lippe.
FOTO: ANDREAS BRETZ Thomas Buschmann ist Sprecher der Regionalen Geschäftsl­eitung Nordwest bei der Deutschen Bank. Zu der Region gehören Teile des Rheinlands, der Bereich Ruhrgebiet/Münsterlan­d und Ostwestfal­en-Lippe.

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