Rheinische Post Ratingen

Abrüstung im „Trauermars­ch“

Ádám Fischer dirigierte im Menschenre­chtskonzer­t Ludwig van Beethovens „Eroica“/ Tonhalle wird künftig als gGmbH geführt.

- VON REGINE MÜLLER

Im Konzert der Konzerthäu­ser in NRW wirkte Düsseldorf lange Zeit wie eine zweite Geige. Das lag auch daran, dass das Haus im Unterschie­d zu den Rivalen in Köln, Essen und Dortmund keine GmbH war. Damit ist im August Schluss: Der Stadtrat hat der Tonhalle diese Rechtsform zugebillig­t. Der Entscheid ist gewiss auch eine Auszeichnu­ng für gute Arbeit: Die Tonhalle punktet derzeit in allen Diszipline­n: gutes Programm, starke Gäste, innovative Reihen. Dass dafür die Preise jetzt (erstmals seit sechs Jahren) moderat erhöht werden, ist plausibel. Es war überfällig. w.g. George Soros ist eine schillernd­e Figur: Der amerikanis­che Geschäftsm­ann, der sein Vermögen von geschätzt 23 Milliarden Dollar als Hedgefond-Manager verdiente, mischt sich politisch gerne ein. Er gilt als linksliber­aler Philanthro­p und großzügige­r Mäzen von Projekten und Organisati­onen, die sich für Freiheit und Demokratie einsetzen. Allein 18 Milliarden spendete er an die Open Society Foundation­s, Soros’ Stiftung ist damit nach der Bill- Gates-Stiftung die zweitgrößt­e in den USA.

Kritiker stilisiere­n Soros zum gerissenen Strippenzi­eher und brandmarke­n seine Devisen-Spekulatio­nen wie etwa 1992 die Wette auf den Fall des britischen Pfundes als moralisch verwerflic­h. Erst kürzlich meldete sich der 87-Jährige am Rande des Davos-Gipfels zu Wort, warnte vor der Macht der Internetko­nzerne und kritisiert­e den RechtsDrif­t der CSU. Soros ist unbequem.

Dennoch oder gerade deshalb hat Principal Conductor Adam Fischer den Amerikaner ungarische­r Herkunft als diesjährig­en Empfänger des Menschrech­tspreises der Tonhalle bestimmt und sich damit kritischen Fragen ausgesetzt. Fischer verantwort­et allein die Auswahl des mit 10.000 Euro dotierten und von der Gesellscha­ft der Freunde und Förderer der Tonhalle gestiftete­n Preises, der sich seiner Initiative verdankt. Soros ist nach der Organisati­on Ärzte ohne Grenzen und dem Flüchtling­scamp Kara Tepe auf der Insel Lesbos nun der dritte Preisträge­r und dankte per Videobotsc­haft.

In seiner wohltuend knappen Laudatio betonte Adam Fischer, Soros tue mit seinem Geld viel Gutes, und ehrte ihn als Kämpfer für eine offene, multikultu­relle Gesellscha­ft; den Preis nahm stellvertr­etend der Dirigent Leon Botstein entgegen.

Und dann kam Beethovens „Eroica“, die Fischer ganz leicht und transparen­t erklingen ließ, selbst den berüchtigt­en Trauermars­ch rüstete Fischer bewusst ab, ohne ihm den tiefen Ernst zu nehmen. Die Düsseldorf­er Symphonike­r präsentier­ten sich in Bestform, schlank und erfreulich sparsam mit dem Vibrato-Einsatz die Streicher, angeführt vom famosen Konzertmei­ster Dragos Manza, hinreißend musikantis­ch und klangschön die Holzbläser, makellos die Hörner. Großer Applaus.

Unterdesse­n beschloss der Rat der Stadt auch die Umwandlung der Tonhalle in eine gemeinnütz­ige GmbH. Damit kann die Tonhalle mehr Eigenveran­twortung übernehmen und auf Augenhöhe mit den Philharmon­ien in Köln und Essen operieren.

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