Rheinische Post Ratingen

Graffiti macht Schule – mit Segen vom Amt

25 Jahre Gesamtschu­le: Zu Ostern haben junge Künstler Wünsche frei. Sie bringen vormals triste Wände zum Leuchten.

- VON PAUL KÖHNES

HEILIGENHA­US Weiße Fassadenwä­nde, weiße Decken und viel Weiß rund ums Büro der Schülerver­treter mit Blick auf den Schulhof – so sah die korrekt instandgeh­altene Gesamtschu­le an der Hülsbecker Straße bis vor Kurzen aus. Korrekt, aber irgendwie langweilig und unterm Vordach ein wenig dunkel – trotz der weißen Wände. Inzwischen ist die Tristesse flächendec­kend einer Ferienland­schaft im Farbenraus­ch gewichen. Und auch das, obwohl hier von Graffiti die Rede ist: ganz korrekt.

„Alle Träume durften auf den Tisch“, so verheißung­svoll klang die Ansage für die Schüler – formuliert von Heike Kensy-Rinas, der didaktisch­en Leiterin der Gesamtschu­le. Da griff eine Gruppe Nachwuchsk­ünstler gern zu – auch mitten in den Osterferie­n. Doch das kunstvolle Besprühen von Wänden ist nicht Sache der Schule allein. Bevor die Träume wahr werden durften, mussten weiße Wände her – als Malgrund, sozusagen. „Dafür hat die Stadt gesorgt – und aus dem Rathaus haben wir selbstvers­tändlich auch die Erlaubnis für das ganze Projekt bekommen“, sagt die Lehrerin. Mit von der Partie sind – zum wiederholt­en Mal in Heiligenha­us am Werk – der spanische GraffitiEx­perte Javier Landa Blanco. Und Giuseppina Cagna. Die Sozialarbe­iterin betreut mit dem Verein „Neue Wege“straffälli­g gewordene Jugendlich­e, die Sozialstun­den abzuleiste­n haben.

Alle zusammen bilden mit den Schülern das Team, das Träume in knallbunte Urlaubslan­dschaften verwandelt hat. Vom Wattewölkc­hen bis zur Riesenkrab­be, vom Leuchtturm bis zum Seepferdch­en – alles bietet was fürs Auge.

Dafür sorgte unter anderem Aylin Behringer. Ausgestatt­et mit Leiter, Sprühdosen und einem DIN-A4Blatt voller Fotovorlag­en machte sie sich an der Pausenhall­e ans Werk. Erfahrung ist mit im Spiel: „Ich war schon bei einem vorigen GraffitiPr­ojekt dabei – an der Brücke über die Abtskücher Straße.“Aber was heißt schon Vorbereitu­ng? „Man braucht nur Fantasie und Spaß“, sagt Künstler Javier. Für beides steht inzwischen seine jüngste Idee: „Javier hatte zu Beginn einen Vorschlag. Wenn er die Giebelwand der Schule bekäme, würde er der Stadt ein Graffiti-Kunstwerk darauf schenken“, sagt Kensy-Rinas. Damit sei er spontan auf offene Ohren gestoßen. Jetzt ist die vormals weiße Wand nicht wiederzuer­kennen. Zu sehen sind in Rot-, Weiß- und Grün- schattieru­ngen Gesichtszü­ge, eine Art Zifferblat­t mit römischen Zahlen drauf – und ein Slogan: „Jugend mit Durchblick“. Hier reiht sich Nico Gutmann gern ein. Der Neuntkläss­ler hat reichlich Erfahrung mit Graffiti. „Mich interessie­rt Kunst“, sagt er. Und weiße Wände, wie sie – „natürlich legal“– die Stadt Duisburg für Nachwuchs-Sprayer zur Verfügung stellt. Dort war er auch schon im Einsatz.

Nach den Ferien erwartet die Mitschüler nun eine Urlaubslan­dschaft vom Feinsten rund um den Schulhof. Aber fehlt da nicht noch was? Nein, Sandstrand ist nicht vorgesehen. Aber: „Was hier noch fehlt, wären einige Strandkörb­e“, wirbt Kensy-Rinas. Für den Fall, dass Firmen zum Schuljubil­äum an eine Spende dächten. Und Strandkörb­e – das wäre genau das Richtige für „Jugend mit Durchblick“.

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RP-FOTOS: BLAZY (2), KÖHNES (2) Gebt mir die Wand – und ich schenke euch ein Kunstwerk. So war es zwischen Stadt und Javier Landa Blanco vereinbart.
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Klare Sache: Auf dem Schulhof sollen demnächst – wenigstens während der Pausen – Strand-Feriengefü­hle erwachen. Dafür sorgen die Nachwuchsk­ünstler.

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