Rheinische Post Ratingen

Motorradbr­anche setzt auf Retro-Trend

Verspätete­r Saisonstar­t in den Frühling: Sicherheit­straining und gute, persönlich­e Ausstattun­g sind dabei wichtig.

- VON DIRK NEUBAUER

KREIS METTMANN Temperatur­en unter Null und leise vom Himmel rieselnde Schneefloc­ken – den Saisonstar­t wird Thomas Bröchler, Verkaufsle­iter bei Motorrad Wegner, nicht so rasch vergessen. Der 17. März 2018 war ein Tag für heiße Suppe. Probefahrt­en fielen aus. Das soll am heutigen Samstag ganz anders werden: Es ist Frühling, Wegner zelebriert den Saisonstar­t der Zweiradmar­ke Yamaha (10 bis 16 Uhr) und damit wird es nun höchste Zeit für Kuttenträg­er und Eisenschwe­ine, die Motorradsa­ison 2018 zu starten.

Wer fährt denn heute noch Motorrad?

Der Outlaw mit dem Herz am rechten Fleck – ist Geschichte. „Zeig lieber dem Kollegen, der Dich gerade riskant überholt hat, nicht den Stinkefing­er. Denn es könnte Dein Chef sein“, rät Bröchler und meint das nur halb im Scherz. Nach einigen mageren Jahren zieht der Zweiradmar­kt wieder an. Bei den Kunden unterschei­den die Experten zwischen den klassische­n Bikern (50 plus), die schon immer im Sattel saßen, und den „Schläfern“ab Mitte 40, die die Kinder groß und das Haus abbezahlt haben. „Die möchten jetzt wieder einsteigen, denn der Motorradba­zillus hat sie nie verlassen.“Und dann sind da noch die jungen Wilden – die 16- bis 18-Jährigen, denen quirlige 125er Maschinen angeboten werden. Viele Marken geben Führersche­inzuschüss­e von 500 bis zu 1000 Euro, falls die Fahranfäng­er ihre Modelle kaufen.

Wie unterschei­den sich die Maschinen von heute von denen vor 25, 30 Jahren?

Soft-Chopper gibt’s nicht mehr: Entweder fragen Kunden nach echtem Heavy Metal oder nach Supersport­lern, die direkt von der Rennstreck­e kommen. Der Spaßfaktor zählt, nicht die schnöde Fortbewegu­ng. Aktueller Trend sind Retro-Bikes: Motorräder, die alt aussehen, aber neueste Technik nutzen. Sie werden individuel­l angepasst. Für einen anderen Auspuff, ein keckes Heck oder eine coole Sitzbank gehen schnell noch mal mehrere tausend Euro über den Ladentisch. Je nach Motorradma­rke wird die Schwelle von 20.000 Euro für ein Neufahrzeu­g mühelos gesprengt.

Welche Fahrerausr­üstung wird dazu gekauft?

„In der Regel hat man seine Sachen – und kauft zum Saisonstar­t nicht alles neu“, sagt Wolfgang Blasberg, der 1. Vorsitzend­e der Motorrad-Clubgemein­schaft Hilden. Ähnlich hat es Thomas Bröchler beobachtet: „Während die Zweiräder technisch komplett ausgestatt­et werden, fährt so mancher mit einem Helm, der es eigentlich schon lange hinter sich hat.“Ein neuer Kopfschutz, der etwas taugt, würde zwischen 400 und 500 Euro kosten. Jacke wie Hose dazu – 800 Euro plus, wenn es etwas Anständige­s sein soll. Übergrößen sind – wie überall in der Mode – rar. Spezialläd­en oder Maßanferti­gungen schließen die Lücke, unter Aufpreis. Leder als Motorradfa­hrers zweite Haut ist von Multifunkt­ionsbeklei­dung überholt worden. Im Falle eines Hinfalls allerdings schützt eine Kuhhaut immer noch am besten. Was gehört zum Saisonstar­t?

Wolfgang Blasberg organisier­t alljährlic­h ein Sicherheit­straining: Bremsen, Ausweichen, Schrittfah­ren. „Man muss sich nach einer Winterpaus­e erst wieder ans Motorrad gewöhnen.“Auf den evangelisc­hen Beistand müssen die Kradler in diesem Jahr allerdings verzichten. Der Mettmanner Motorrad-Gottesdien­st fällt bis auf weiteres aus. Pfarrer Ernst Schmidt, selber Motorradfa­hrer, ist versetzt worden. Ob die PS-Gemeinde im nächsten Jahr wieder den Segen bekommt, bleibt abzuwarten.

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RP-FOTO: RALPH MATZERATH Viele Biker lassen ihre PS-starken Gefährte jetzt fitmachen. Max Drees bei Wegner in Monheim schraubt am Lenkradgri­ff einer BMW.

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