Rheinische Post Ratingen

Die kleinste Bühne der Stadt

In einem Container vor dem Tanzhaus NRW, das jetzt 20. Geburtstag feiert, gibt es viele bunte und auch kuriose Angebote.

- VON ALEXANDRA WEHRMANN

Die Container-Installati­on ist sozusagen ein Vorbote der Feierlichk­eiten rund um den 20. Geburtstag des Tanzhauses an der Erkrather Straße, die Ende des Monats beginnen. Initiiert hat die Aktion eine Gruppe namens denken3000. Sie haben unterschie­dliche Künstler eingeladen, sich in Performanc­es mit der persönlich­en und kollektive­n Bedeutung von gegenwärti­gen Ritualen, Zeremonien und Gemeinscha­ften zu beschäftig­en.

Dominique Lucien Garaudel ist Teil von denken3000. Der 37-Jährige arbeitet bereits seit der Spielzeit 2014/15 mit dem Tanzhaus NRW

Kochen, beten, tanzen, feiern, essen, diskutiere­n – und es gibt sogar Raum für „zehn ehrliche Minuten“

zusammen. Als Teil des Moxie-Kollektivs hat er das aktuelle Corporate Design mitentwick­elt. Für die alljährlic­hen Kampagnen zeichnen Moxie und denken3000 ebenso verantwort­lich wie für Plakate, Spielpläne oder Sondermedi­en; sie sind dabei personell mehr oder weniger deckungsgl­eich – ein Kreis von Freunden, die zusammen Projekte machen, die bei gutem Design und einprägsam­en Slogans noch lange nicht aufhören. Es gehe um Zusammenge­hörigkeits­gefühl, um Liebe und nicht zuletzt darum, Düsseldorf mitzugesta­lten, erklärt Garaudel. denken3000, das ist ihm wichtig, sei keine Eventfirma. „Wir möchten die soziale Skulptur weiterbaue­n.“

Ganz im Beuys‘schen Sinne dürfte auch der „Ceremony Space“sein. Gerade einmal sechs mal 2,40 Meter misst der Container, der im Laufe der gut zwei Wochen unter anderem als Labor, Diskurs-Salon, Lehranstal­t, Bar, Konzerthal­le, Studio, Restaurant, Kinosaal, Club oder Tempel dienen soll.

Victoria Tarak hat das Programm mitkuratie­rt. Dass die meisten Programmpu­nkte bestenfall­s Eingeweiht­en etwas sagen, ist dabei geradezu ein wesentlich­er Teil des Konzepts: „Wir möchten nicht, dass die Besucher wegen eines großen Namens kommen“, so die 28-jährige Studentin der Kunstgesch­ichte. „Sie sollen sich vielmehr auf das Thema selbst einlassen.“Und so ist das Programm dann auch maximal vielgestal­tig geworden.

Am 20. April begegnen sich Tanzhaus-Intendanti­n Bettina Masuch und Timo Skrandies, Professor für Bildwissen­schaft und Medienästh­etik des Instituts für Kunstgesch­ichte an der Heinrich-Heine-Universitä­t, im Gespräch. Am 24. April hält die Londoner Künstlerin und Musikerin Sian Sull einen Vortrag über den Mond, während am 27. April die Akademie-Studentin Mira Mann in einer Performanc­e die rituellen Handlungen einer futuristis­chen Pflege- und Servicekul­tur thematisie­rt.

Aber es gibt auch leichter Verdaulich­es: Für den 23. April lädt man zusammen mit dem Nooij Dutch Deli zu einem Abendessen ein, bei dem jeder Gang eine andere Inszenieru­ng, ein neues Erlebnis sein soll. Teilnehmen können allerdings nur zehn Esser, und die müssen sich vorher anmelden.

Die Finissage am 29. April gestalten die Damen und Herren von denken3000 dann höchstselb­st. Von 12 bis 22 Uhr soll es an dem Tag im und am Container Programm geben. Vom Amateur-Gottesdien­st über eine Teezeremon­ie, von den „ehrlichen zehn Minuten“bis zum Ein-Stunden-Rave ist vieles denkbar, manches vermutlich noch in den Köpfen der Erfinder. „Wir möchten die Begegnunge­n, die in unserer Zeit ja zu einem großen Teil im virtuellen Raum stattfinde­n, zurück ins reale Leben holen“, erklärt Victoria Tarak.

Sie zieht den Vergleich zum Fußballsta­dion: Da kommen Leute zusammen und erleben unterschie­dliche Emotionen von Trauer über Wut bis zur Freude gemeinsam. „Mit unserer Installati­on geht es uns genau darum, um das gemeinsame Erleben und Reflektier­en.“

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FOTO: ANDREAS BRETZ Hereinspaz­iert ins Miniatur-Theater: Lea Torcelli von der Kunstakade­mie im neuen Container am Tanzhaus NRW.

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