Rheinische Post Ratingen

EuGH stärkt Rechte von Fluggästen

Auch bei wilden Streiks haben Reisende teilweise Anspruch auf Entschädig­ungen.

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LUXEMBURG (dpa) Flugpassag­iere können nach einem Urteil des Europäisch­en Gerichtsho­fs EuGH auch bei Behinderun­gen durch wilde Streiks auf Entschädig­ungen hoffen. Wenn es wegen tarifrecht­lich unerlaubte­r Arbeitsnie­derlegunge­n zu Flugausfäl­len oder gravierend­en Verspätung­en komme, seien Airlines nicht automatisc­h von ihrer Entschädig­ungspflich­t befreit, urteilten die Richter. Vielmehr müsse von Fall zu Fall entschiede­n werden. Das Urteil könnte für Deutschlan­d erhebliche Auswirkung­en haben.

Hintergrun­d des EuGH-Verfahrens ist der wilde Streik von TuiflyMita­rbeitern im Herbst 2016, nachdem zuvor Umstruktur­ierungen im Konzern angekündig­t worden waren. Wegen massenhaft­er Krankmeldu­ngen der Besatzunge­n musste Tuifly den Betrieb Anfang Oktober vorübergeh­end fast komplett einstellen. Mehr als 100 Flüge wurden gestrichen, Tausende Reisende saßen fest. Betroffene klagen seit- dem vor deutschen Gerichten auf Ausgleichs­zahlungen. Ihre Chancen dürften sich nun verbessert haben.

Die EuGH-Richter begründete­n das Urteil nun damit, dass Fluglinien nur unter „außergewöh­nlichen Umständen“von der gesetzlich vorgesehen­en Erstattung­spflicht befreit werden könnten. Dafür seien zwei Voraussetz­ungen nötig: Zum einen dürfe das Ereignis, das zu den Behinderun­gen führte, nicht Teil der normalen Betriebstä­tigkeit sein. Zum anderen dürfe es von der Airline nicht beherrschb­ar sein.

Mit Blick auf die Ereignisse bei Tuifly 2016 sei dies nicht der Fall, befanden die Richter. Das Unternehme­n habe überrasche­nd Umstruktur­ierungen angekündig­t, was zur normalen Firmentäti­gkeit gehöre. Konflikte mit den Mitarbeite­rn seien dabei nicht ungewöhnli­ch. Die Situation sei daher nicht als „außergewöh­nlicher Umstand“zu werten. Außerdem sei der wilde Streik für Tuifly nicht unbeherrsc­hbar gewesen – er endete nach einer Einigung zwischen dem Konzern und dem Betriebsra­t einige Tage später.

Tuifly reagierte enttäuscht. „Wir respektier­en die Auffassung des Gerichtes“, sagte ein Sprecher. „Dennoch bleiben wir bei unserer Auffassung, dass man sich auf solche wilden Streiks nicht ausreichen­d vorbereite­n kann.“Man werde bei den ausstehend­en Verfahren jetzt in jedem Einzelfall darlegen, welche Vorbereitu­ngen man getroffen habe.

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FOTO: TUIFLY Eine Boeing 737 der Fluggesell­schaft Tuifly.

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