Rheinische Post Ratingen

„Plastikmül­l gehört nicht in die Biotonne“

Eine neue Sortieranl­age soll in Breitschei­d künftig fast alle störenden Stoffe herausfilt­ern.

- VON DANIELE FUNKE

KREIS METTMANN In Breitschei­d werden bei der Kompostier­ungsgesell­schaft für Düsseldorf und den Kreis Mettmann ( KDM), jährlich rund 100.000 Tonnen biologisch­er Abfälle zu hochwertig­en Komposten mit Gütesiegel verarbeite­t. Regelmäßig werden Führungen für interessie­rte Bürger angeboten.

Meterhohe Berge dampfender Biomüll lagern in der großen Halle, es ist heiß, die Luft ist feucht, der beißende, gülleartig­e Gestank ist kaum zu ertragen – alles das verlangt den rund zehn Besuchern an diesem Morgen bereits zu Beginn der Führung einiges ab. „Ich kriege direkt höllische Kopfschmer­zen“, sagt ein Mann, eine Frau hält sich die Nase zu. „In dieser Halle sehen Sie den frisch von den Müllwagen angeliefer­ten Biomüll“, erklärt Florian Schanz und bittet die Gruppe näher an die Abfälle heran, „was fällt Ihnen auf?“

Die Frage ist leicht zu beantworte­n: Unzählige Plastiktüt­en – blaue, gelbe, schwarze – befinden sich zwischen all den wertvollen Abfällen. „Diese Störstoffe nehmen immer mehr zu“, erklärt der Vertriebsl­eiter, „und das ist absurd. Die Menschen trennen ihren Müll, aber verpacken ihn in Plastiktüt­en, damit etwa die Küchenabfä­lle nicht so stinken, und werfen die Verpackung dann mit in die Tonne.“

Eine Ratingerin nickt, wünscht aber keine Verallgeme­inerung. „Wir haben einen Eimer in der Küche und kippen den Inhalt regelmäßig einfach so in die Tonne aus.“Schanz gibt ihr Recht – die Statistik besagt: Fünf Prozent der Bürger verursache­n 80 Prozent der Störstoffe. „Was ist mit Bioplastik?“, möchte Teilnehmer­in Ursula Guss gerne wissen. Schanz klärt auf. „Bioplastik braucht rund ein halbes Jahr, um zu verrotten. Hier aber wird unser Abfall in wenigen Wochen zu Kompost. Das bedeutet, dass das Bioplastik noch lange nicht zersetzt ist und daher ebenfalls als Störstoff gilt.“

Im ersten Arbeitssch­ritt wird der Abfall in einer Art Siebtromme­l geschleude­rt. Durch die Öffnungen fallen die kleineren Teile auf ein Förderband, dort wird von Hand das aussortier­t, was später nicht in den Kompost gehört. „Es ist nicht schwer, eine ganze Plastiktüt­e zu entfernen, aber hunderte winziger Teile eines zerfetzten Plastiksac­kes, das ist an dieser Stelle nicht machbar.“

Bis vor kurzem hieß das: Dieses Plastik landete schlussend­lich im Kompost. Jetzt aber hat die KDM eine Million Euro in eine neue Anlage investiert, die erst seit drei Wochen in Betrieb ist und noch angelernt werden muss. „Eine wahnsinnig spannende Technologi­e“, schwärmt Schanz, „das gesamte Material auf dem Fließband wird mit Licht betrachtet und durch die jeweilige Lichtbrech­ung erkennt der Computer die Substanz. In Millisekun­den erfasst er so alle möglichen Plastikart­en, die dann vom Band mit Luft weggepuste­t werden.“

Das Unternehme­n geht davon aus, dass das Gerät so später 98 Prozent aller Störstoffe erfassen und beseitigen kann. „Was die Technik heute alles so schafft“, sagt Hans Joachim Dutschke, Ratinger mit Wohnsitz in unmittelba­rer Nähe der Anlage, „überhaupt, eine wahnsinnig interessan­te Führung ist das hier.“

Die Besucher erfahren noch, dass große Umsetzer den Abfall letztlich verrotten lassen, Rottegrad Drei sich für die Landwirtsc­haft eignet, ab Rottegrad Fünf ein erstklassi­ger Gartenkomp­ost (gemischt mit Muttererde, die an angeliefer­ten Baumwurzel­n hängt) entsteht.

Schanz entdeckt häufig auch noch ganz andere Dinge, die nicht in die braune Tonne gehören. „Wir finden oft Damenhandt­aschen aus Überfällen. Diebe reißen Portemonna­ies an sich, die Taschen landen auf der Flucht in der Tonne.“

Die KDM ist zu zwei Dritteln in kommunaler und zu einem Drittel in privater Hand und hat 2016 die Anlage in Düsseldorf-Hamm von der Awista übernommen. Die Entsorgung des Biomülls in der Tonne ist durch die Abfallgebü­hren gedeckt. Eine Kofferraum­ladung Bioabfall kostet pauschal fünf Euro, mehr Müll wird nach Gewicht berechnet. Hochwertig­er Kompost können vor Ort gekauft werden. Infos: www.kdm-gmbh.com.

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RP-FOTO: ACHIM BLAZY Regelmäßig werden in der Kompostanl­age in Ratingen-Breitschei­d Führungen veranstalt­et. Vertriebsl­eiter Florian Schanz (rechts) erläutert den Anlieferbe­reich.

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