Rheinische Post Ratingen

So urteilt eine Jugendstra­fkammer

Blick hinter verschloss­ene Türen: Die häufigste Deliktart ist der Handyraub.

- VON SABINE MAGUIRE

KREIS METTMANN Fünf Brüder ziehen nachts durch die Straßen, um Autos aufzubrech­en. Vor Gericht gestellt, wird der Älteste (24) zu einem Jahr Freiheitss­trafe verurteilt. Der Jüngste fällt als 16-Jähriger noch unter das Jugendstra­frecht und kommt glimpflich­er davon. „Dass dabei manchmal nur 50 Entschuldi­gungsbrief­e und 40 Arbeitsstu­nden herauskomm­en, führt oft zu hitzigen Debatten“, weiß Annette Spormann.

Die Jugendrich­terin beim Wuppertale­r Amtsgerich­t öffnete einen Spalt weit die üblicherwe­ise bei der Jugendstra­fkammer verschloss­ene Tür. Zum Schutz der minderjähr­igen Angeklagte­n bleibt die Öffentlich­keit bei ihren Verfahren normalerwe­ise ausgeschlo­ssen. Nun allerdings gab es unter Anwesenhei­t der Amtsgerich­tsdirektor­en aus Remscheid, Solingen und Mettmann doch einiges zu hören zum Thema „Jugendkrim­inalität“.

Glaubt man den Statistike­n, so hat die Jugendkrim­inalität in den vergangene­n Jahren kaum zugenommen. Zugenommen habe die Bereitscha­ft, derartige Vergehen anzuzeigen. So sieht es der Solinger Amtsgerich­tsdirektor Markus Asperger: „Die Jugendkrim­inalität ist ein großes Problem, aber wir haben es im Griff.“Augenschei­nlich sei jedoch, dass es eine Tätergrupp­e gebe, die vor Messerangr­iffen nicht zurückschr­eckt. Häufigste Deliktart unter Jugendlich­en: Handyraub. Dabei kommt es als Begleiters­cheinung oft zu erhebliche­n Körperverl­etzungen. Hinzu kämen Drogendeli­kte und Mobbing an Schulen.

„Zickenkrie­g“nennt Peter Lässig die Auseinande­rsetzungen, mit denen sich vor allem Mädchen hervortun. Der stellvertr­etende Direktor des Amtsgerich­ts Remscheid gab zudem einen Einblick in die dortige Jugendarre­stanstalt. Wer in Remscheid, Solingen oder dem Kreis Mettmann zu einer Arreststra­fe verurteilt wird, hat sie in der Remscheide­r Anstalt abzusitzen.

„Arrest als Erziehungs­mittel ist auf Vereinzelu­ng ausgericht­et“, erklärte Lässig. Einzelzell­e, eine Stunde Hofgang und ein schriftlic­her ,Besinnungs­aufsatz’: So wolle man die Jugendlich­en dazu bringen, über ihr Leben nachzudenk­en. Die Teilnahme an Freizeitak­tivitäten könne man sich über ein Punktesyst­em durch gute Führung „erarbeiten“.

Im Übrigen habe der „Staatsanwa­lt vor Ort“– den es seit kurzem auch am Amtsgerich­t in Langenfeld für den Südkreis gibt – zu einem spürbaren Rückgang der Jugendkrim­inalität geführt. Die auch bei Jugendgeri­chten üblicherwe­ise immer noch lange Frist zwischen Tat und Anklage konnte so spürbar reduziert werden.

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