Rheinische Post Ratingen

Vater von getötetem Baby freigespro­chen

Das Gericht hat Zweifel daran, dass der 34-Jährige seinen acht Monate alten Sohn zu Tode geschüttel­t hat. Auch die Mutter hätte Motiv und Gelegenhei­t gehabt. Ermittlung­en gegen die Frau waren eingestell­t worden.

- VON STEFANI GEILHAUSEN

In der Werstener Wohnung von Freunden soll ein 34-jähriger Ghanaer im Oktober sein acht Monate altes Baby so heftig geschüttel­t haben, dass das Kind wenig später starb. So hatte es in der Anklage gestanden, über die das Landgerich­t seit zwei Wochen verhandelt hat. Am Ende der mehrtägige­n Hauptverha­ndlung war nicht einmal der Anklagever­treter mehr davon überzeigt und beantragte Freispruch. Was er in der Verhandlun­g gehört habe, „reicht nicht für eine Verurteilu­ng des Angeklagte­n aus“.

Der Mann habe die Nerven verloren, weil sein Sohn Pappa den ganzen Tag geschrien habe, so das vermutete Motiv. Doch weder ein Rechtsmedi­ziner, der das tote Kind obduziert und an ihm auch eine Reihe älterer Verletzung­en, darunter einen gebrochene­n Arm, festgestel­lt hatte, noch die Zeugen hatten diese These untermauer­n können – auch das Gericht teilte am Ende die Zweifel und sprach den Vater frei. Der bekreuzigt­e sich unter Tränen, als ihm ein Dolmetsche­r die erlösenden Richterwor­te übersetzte. Dabei sah das Gericht durchaus Tatgelegen­heit und -motiv bei ihm. „Aber Gleiches gilt auch für die Mutter,“so die Kammer, die eine „Täterschaf­t des Angeklagte­n für denkbar, aber nicht für erwiesen“hält.

Zuvor hatte eine Bekannte der Familie als Zeugin ausgesagt. Bei ihr hatten der Angeklagte, seine Frau und die beiden Kinder einige Monate gewohnt. Einmal habe sie einen Streit des Paares miterlebt, der Angeklagte habe auf dem Bett gelegen, sei ganz ruhig gewesen, während seine Frau ihn angebrüllt habe mit den Worten „Die willst ein Kind? Da hast du eins“, habe sie das Baby auf das Bett geworfen.

Die Zeugin überließ dem Gericht auch ein Video, dass den bitterlich weinenden Pappa neben seiner ungerührte­n Mutter zeigt. Sie habe das aufgenomme­n, weil sie die Lieblosigk­eit der Mutter habe dokumen- tieren wollen. „Ich habe ihr gesagt, du musst deine Kinder lieben.“Sie habe erst nach Baby Pappas Tod wieder von der Familie gehört und die Mutter gefragt, ob sie etwa wieder Streit mit ihrem Mann gehabt und ihre Wut am Baby ausgelasse­n habe. „Da hat sie mich mit dem Tod bedroht.“

Auch diese Aussage hatte dem Gericht zu denken gegeben, war doch das Baby in den Monaten vor seinem gewaltsame­n Tod fast ausschließ­lich bei der Mutter gewesen. Die lebte mit ihren Söhnen in einem Flüchtling­sheim in Herne, der Vater dagegen war illegal in Deutschlan­d, wohnte abwechseln­d bei Freunden in Düsseldorf. Der nach eigenen Angaben studierte Ökonom will in Ghana Zeuge eines Mordes geworden sein, sei danach selbst massiv bedroht worden und deshalb aus gut situierten Verhältnis­sen Hals über Kopf nach Deutschlan­d geflohen. Frau und Kinder seien später nachgekomm­en. Um wenigstens ihre Asyl-Chancen zu erhöhen, habe ein Bekannter behauptet, Pappas leiblicher Vater zu sein – auch deshalb habe er sich in Pappas Todesnacht in der Werstener Wohnung von Freunden so merkwürdig zurückhalt­end benommen, sagte er aus. Das war ihm als schlechtes Gewissen ausgelegt worden.

Gegen die Freunde, denen die Wohnung gehört, kündigte das Düsseldorf­er Gericht rechtliche Schritte wegen diverser Falschauss­agen an. Ob die Staatsanwa­ltschaft neue Ermittlung­en gegen die Mutter einleitet, war gestern noch unklar. Der Vater verließ das Gericht als freier Mann. Er will jetzt einen Asylantrag stellen.

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RP-FOTO: WUK Beim Prozessauf­takt verbarg er das Gesicht. Gestern durfte der Familienva­ter das Gericht als freier Mann verlassen.

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