Rheinische Post Ratingen

Pilotproje­kt für Flüchtling­e auch in NRW

Ab August könnten ankommende Migranten zentral untergebra­cht werden. Das Land ist aber noch skeptisch.

- VON KIRSTEN BIALDIGA UND GREGOR MAYNTZ

BERLIN Ankerzentr­en standen bislang nur als neue Idee zum Umgang mit der Migration im schwarz-roten Koalitions­vertrag. Ab August soll es die ersten fünf bis sechs dieser Zentren in der Wirklichke­it geben: Nach dem Willen von Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) sollen in Bayern, Hessen, NRW, Niedersach­sen und einem östlichen Bundesland derartige Zentren entstehen, in denen – dafür steht der Name – die ANK( unft) von Flüchtling­en registrier­t, die E( ntscheidun­g) über ihren Verbleib getroffen und ihre R( ückführung) organisier­t werden soll.

Damit Seehofer schnell Erfolge noch vor der bayerische­n Landtagswa­hl am 14. Oktober vorweisen kann, hat er davon abgesehen, erst umständlic­h rechtliche Regelungen überarbeit­en zu lassen. Ankunftsze­ntren, in denen alle am Asylverfah­ren beteiligte­n Behörden unter einem Dach zusammenar­beiten, gibt es zwar unter anderem schon in Heidelberg, Bamberg und Manching bei Ingolstadt. Doch die Zentralisi­erung der Flüchtling­e von ihrer Registrier­ung bis zu ihrer Abschiebun­g an einem Ort ist für die meisten Bundesländ­er neu – und stößt auf erhebliche Bedenken.

Innenstaat­ssekretär Helmut Teichmann verwies zwar darauf, dass die Bundesländ­er Bayern, Hessen und NRW positiv auf die Frage reagiert hätten, ein solches Ankerzentr­um zu installier­en. Doch schon NRW-Integratio­nsminister Joachim Stamp (FDP) stellte klar, es sei noch keine endgültige Entscheidu­ng getroffen, sondern nur Gesprächsb­ereitschaf­t darüber signalisie­rt worden.

Erst recht trat Niedersach­sens Innenminis­ter Boris Pistorius (SPD) auf die Bremse. Er wünsche „viel Spaß bei der Suche nach geeigneten Standorten und den Gesprächen mit den zuständige­n Landräten“, sagte Pistorius. So schnell werde sich vermutlich keine Kommune freiwillig melden, wenn in diesen Ankerzentr­en vor allem junge Männer ohne Bleibepers­pektive untergebra­cht würden.

Tatsächlic­h will Horst Seehofer die Pilotphase zunächst auf sechs Monate begrenzen und aus den ersten Erfahrunge­n lernen, was organisato­risch und rechtlich noch an- gepasst werden soll. Das Konzept sieht aber jetzt bereits vor, alle Flüchtling­e bis zu sechs Monate im Ankerzentr­um zu belassen und in dieser Zeit Familien mit Bleibepers­pektive in die Kommunen weiterzule­iten. Alleinreis­ende Männer ohne Aussicht auf Asyl sollen bis zu 18 Monate im Zentrum verweilen. Seehofer hofft, innerhalb dieser Zeit sowohl die Registrier­ung, das eigentlich­e Asylverfah­ren als auch den Rechtsweg abwickeln zu können und sogleich die Rückführun­g hinzubekom­men. Deshalb sollen neben dem Bundesamt für Migration und Flüchtling­e auch die Ausländerb­ehörden und die Verwaltung­sgerichte in den Ankerzentr­en zusammenar­beiten.

Die NRW-Landesregi­erung hatte in der vergangene­n Woche bereits beschlosse­n, das Aufnahmeve­rfahren im Land stufenweis­e zu verändern und damit auch die Kommunen zu entlasten. Geplant ist, dass Flüchtling­e so lange wie möglich in zentralen Landeseinr­ichtungen verbleiben, um zu klären, ob sie in Deutschlan­d bleiben können. Jene, die kein Bleiberech­t haben, sollen direkt aus diesen Landeseinr­ichtungen in ihre Heimatländ­er zurückgefü­hrt werden. In einem ersten Schritt werden Asylsuchen­de mit unklarer Perspektiv­e nach dem Willen der Landesregi­erung bis zu sechs Monate in den Einrichtun­gen bleiben. Bei offensicht­lich unbegründe­ten Asylanträg­en soll die Aufenthalt­szeit aber mittelfris­tig auf bis zu 24 Monate ausgeweite­t werden.

Die NRW-Lösung kommt damit der Idee der Ankerzentr­en schon

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FOTO: LAIF In der zentralen Einrichtun­g für Flüchtling­e in Bamberg arbeiten alle am Asylverfah­ren beteiligte­n Behörden zusammen.

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