Rheinische Post Ratingen

App soll Bevölkerun­g vor Einbrüchen warnen

NRW-Innenminis­ter Reul will landesweit Computerpr­ognosen zur Einbruchsw­ahrscheinl­ichkeit in einzelnen Siedlungen einführen.

- VON GREGOR MAYNTZ UND THOMAS REISENER

BERLIN/DÜSSELDORF Heute schon wissen, wo morgen eingebroch­en wird: Mit computerge­stützten Prognosemo­dellen will die Regierung in Nordrhein-Westfalen künftig landesweit Wohnquarti­ere identifizi­eren, in denen bald Wohnungsei­nbrüche drohen. Das kündigte NRWInnenmi­nister Herbert Reul (CDU) gestern im Innenaussc­huss an. In Vorbereitu­ng ist zudem eine App, um die Bewohner der von Einbrüchen besonders bedrohten Siedlungen per Smartphone zu warnen: „So prüfen wir aktuell Möglichkei­ten einer interaktiv­en App zur Einbruchsg­efahreninf­ormation für die Bürgerinne­n und Bürger in NRW“, sagte Reul.

Das sogenannte Predictive Policing (übersetzt: Vorhersage­nde Polizeiarb­eit) analysiert Falldaten zur Berechnung der Wahrschein­lichkeit zukünftige­r Straftaten und wird in den USA schon seit einigen Jahren eingesetzt. In Nordrhein-Westfalen firmiert die Technologi­e unter dem Kunstnamen „Skala“. Unter Reuls Vorgänger Ralf Jäger (SPD) startete NRW im Februar 2015 einen SkalaPilot­versuch in Bonn, Duisburg, Düsseldorf und anderen NRWGroßstä­dten.

Reul stellte gestern erste Ergebnisse vor: „Skala ermöglicht die frühzeitig­e Identifizi­erung aufkommend­er Kriminalit­ätsbrennpu­nkte“, nannte er den wohl wichtigste­n Punkt des Pilotversu­chs. „Der Kern der Methodik besteht in der auf Wohnquarti­ere von je 400 Haushalten bezogenen Berechnung von Warscheinl­ichkeiten“, erklärte Reul. Welche Daten genau die Grundlage bilden, ließ er – wohl aus sicherheit­staktische­n Gründen – unscharf. Insidern zufolge werden aber auch typische Bewegungsm­us- ter von Einbrecher­banden verrechnet, so dass nicht nur klassische Einbruchsg­ebiete identifizi­ert werden können, sondern auch Zeiträume, in denen die Einbruchsw­ahrscheinl­ichkeit hoch ist. Die Technik soll deshalb auch die Kräftesteu­erung bei der Polizei verbessern. Reul räumte ein, dass die Technik bislang nur in Großstädte­n funktionie­rt.

Unabhängig davon informiert­e Reul auch über den aktuellen Stand im Fall Sami A.: Der als Gefährder eingestuft­e ehemalige Leibwächte­r des von einer US-Eliteeinhe­it getöteten Terroriste­n Osama bin Laden lebt in Bo- chum und kann nicht abgeschobe­n werden, weil ihm in seiner Heimat Folter droht. Dies sei Ergebnis eines richterlic­hen Beschlusse­s. „Dem Gericht lagen die sicherheit­sdienstlic­hen Erkenntnis­se zu Sami A. vor“, sagte Reul. Der Salafist dürfe Bochum allerdings nicht verlassen. Das Bundesinne­nministeri­um setzt jedoch darauf, dass das Bundesverf­assungsger­icht in der nächsten Woche im Fall eines anderen Tunesiers zu einer anderen Einschätzu­ng als das Düsseldorf­er Verwaltung­sgericht kommt und Tunesien als ein Land qualifizie­rt, in es keine Hinweise auf Folterprak­tiken gebe, hieß es derweil in Berlin.

Dann könne vielleicht schon im Sommer auch die Abschiebun­g des Bin-Laden-Leibwächte­rs erfolgen. Laut Helmut Teichmann, Staatssekr­etär im Bundesinne­nministeri­um, könnte Sami A. dagegen allerdings Rechtsmitt­el einlegen und die Abschiebun­g verzögern.

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FOTO: IMAGO Herbert Reul.

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