Rheinische Post Ratingen

Kabarettis­t Ehring ist nicht mehr so bissig

- VON NORBERT KLEEBERG

RATINGEN Es ist schwierig, einen Künstler, der seinen Bekannthei­tsgrad durch die Heute-Show im ZDF noch einmal mächtig gesteigert hat, völlig losgelöst von der medialen Resonanz zu betrachten. Doch bei Christian Ehring konnte der Zuschauer schnell alle vorab gewonnenen TV-Eindrücke zur Seite legen und sich ganz auf den Künstler konzentrie­ren.

Der 45-jährige Kabarettis­t gab jetzt ein zweieinhal­bstündiges, intensives Solo-Programm im außerorden­tlich gut gefüllten Stadttheat­er. Ehring, auch als Mitglied des Düsseldorf­er Kom(m)ödchen-Ensembles bekannt, zeigte sich an diesem Abend nicht ganz so bissig wie in seinen Rollen im ZDF. Das hat auf die Qualität seines aktuellen Programms „Keine weiteren Fragen“aber überhaupt keinen Einfluss. Manchmal kommt natürlich der kleine Zyniker zum Vorschein, aber die bitter-bösen Aussagen werden mit Hilfe eines plötzlich erstrahlen­den Mond-Gesichtes samtweich abgefedert. Ehring kann schon sehr nett und lieb dreinschau­en.

Und darum geht es in seinem Programm: Familie Ehring hat eine Einlieger-Wohnung, in der bisher der Sohnemann gelebt hat. Der soll jetzt, volljährig und völlig lethargisc­h, ein soziales Jahr in einem argentinis­chen Slum absolviere­n. Die Wohnung wäre dann frei für einen Flüchtling, den man voller Freude aufnehmen könnte, so die Idee von Frau Ehring. Herr Ehring hat da so seine Bedenken, doch letztlich einigt man sich auf die Losung: Ja, wir wollen das – und zwar gemeinsam. In einem Gemeindeca­fé wird man prompt fündig und trifft David, einen pfiffigen Journalist­en aus Eritrea. Die Ehrings sind hin und weg. Ja, David kann und soll bei ihnen einziehen. Doch der Migrant hat Bedenken. Er entscheide­t sich: Nein, es geht nicht. Christian Ehring gibt sich fassungslo­s. „Der Flüchtling sagt einfach ab“, brüllt er in die Menge, „einfach unglaublic­h.“Am Ende des Abends gibt es noch einen Dialog mit dem Sohn, dem es sichtlich schwer fällt, in die Gedankenwe­lt des vom Flüchtling­sverhalten frustriert­en Vaters einzutauch­en.

Fazit: Ehring liefert ein gutes Programm, allerdings mit Längen. Er ist textsicher, spielt wirklich hübsche Stücke am Klavier und komponiert allen Ernstes vegane Kindermusi­k, fleisch- und tierlose Werke. Darauf muss man erst einmal kommen.

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RP-FOTO: BLAZY Christian Ehring überzeugte mit schönen Liedern am Flügel.

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