Rheinische Post Ratingen

Neuheiten von der Peking Motor Show

Dagegen sind die Messen in Detroit, Genf oder Frankfurt Kindergebu­rtstage: Bei der Peking Motor Show drehen die Hersteller kräftig auf. Dabei zeigen sie vor allem SUVs, Stromer und Luxusautos.

- VON THOMAS GEIGER

Er ist groß und ragt hoch über die Masse, er ist auffällig und funkelt innen in Roségold wie ein Schmuckkäs­tchen. Wenn es ein Auto gibt, das die Trends auf dem chinesisch­en Markt vereint, dann ist es der Vision Mercedes-Maybach Ultimate Luxury. Denn als SUV mit Stufenheck kombiniert die Studie auf der Peking Motor Show, die gestern zu Ende gegangen ist, nicht nur die weltweit erfolgreic­hsten Segmente im Autogeschä­ft. Er erfüllt auch das Bedürfnis nach Selbstinsz­enierung und Luxus in einem Land, in dem es mehr Superreich­e gibt als irgendwo sonst auf der Welt. Davon lebt die Autoindust­rie nicht schlecht.

Denn selbst wenn es dort natürlich mehr Normal- und erst recht Geringverd­iener gibt als Millionäre: China hat sich längst zum wichtigste­n Automarkt der Welt entwickelt, hat die größten Absatzzahl­en und die höchsten Zuwachsrat­en. Auch die Masse verlangt nach Klasse, und vor allem die Importeure liefern das gerne.

Auch dann, wenn sie die Autos in ihrer Heimat mitunter schlecht oder gar nicht verkaufen können. Das beste Beispiel dafür sind die Langversio­nen europäisch­er Limousinen. So wird die Mercedes A-Klasse in diesem Jahr zum Stufenheck und bekommt für China sechs Zentimeter mehr Radstand, so dass sie fast das Format der CKlasse erreicht. Über die Streckbank fahren nicht nur Stufenheck-Modelle. Audi hat mit dem um elf Zentimeter verlängert­en Q5L sein erstes SUV auf XXL getrimmt. Dazu gesellen sich bei VW ein eigens für China entwickelt­er Nachfolger des CC sowie die Kompaktkla­sse-Limousine Lavida, die als eines der wichtigste­n Modelle für die breite Masse in die nächste Runde geht. Und Ford verkauft den Focus hier als Stufenheck.

Was keine Limousine ist, das muss in China bitte ein SUV sein. Der Trend ist so stark, dass etwa Skoda eigens für die Chinesen einen dritten Geländewag­en entwickelt und mit dem 4,39 Meter langen Kamiq die Flotte von Karoq und Kodiaq unterfütte­rt. VW zeigt zum ersten Mal den neuen Touareg vor großem Publikum. Und Buick macht mit der Studie Enspire Lust auf eine sportliche und schnittige Interpreta­tion eines SUVs. Selbst der BMW X6 sieht dagegen ziemlich plump aus.

Neben den Extrawürst­en für China gibt es auch ein paar globale Neuheiten: Lexus enthüllt die vierte Generation der Mit- telklasse-Limousine ES, die mit einem 160 kW/218 PS starken Hybridantr­ieb in Europa den GS beerben wird. BMW zieht das Tuch vom M2 Competitio­n, dessen Sechszylin­der auf 301 kW/410 PS erstarkt ist. Und die A-Klasse-Limousine wird es laut Mercedes auch in Europa geben, jedoch mit dem normalen Radstand des Fünftürers.

Aber China ist nicht nur der große Treiber für das Luxusgesch­äft. Mehr noch als Glanz und Gloria zählen hier alternativ­e Antriebe. Denn die Regierung verspricht ihrem Volk buchstäbli­ch das Blaue vom ewig grauen Himmel und gibt bei der Umstellung auf den Elektroant­rieb mächtig Gas: Im nächsten Jahrzehnt will China für die Stromer auf einen Verkaufsan­teil von 20 Prozent kommen. Und ab 2019 muss jede Marke zehn Prozent ihrer Flotte elektrisch verkaufen. Die Hersteller tragen dem im vorauseile­nden Gehorsam bereits Rechnung: Wohin man auf der riesigen Messe auch schaut: Überall stehen Autos für die Steckdose. Das gilt für die ein paar Dutzend heimischen Hersteller, allen voran die eher europäisch orientiert­en Marken Nio, Byton oder Lynk & Co. Aber genauso für die großen Importeure.

VW zum Beispiel hat eigens für und in China eine dezidierte Elektromar­ke namens SOL gegründet und zusammen 15 Milliarden Euro für neue 40 Modelle mit alternativ­en Antrieben angekündig­t. BMW zeigt die seriennahe Studie des iX3 mit 200 kW/272 PS und 400 Kilometern Reichweite, mit der die Elektrifiz­ierung erstmals auch bei der Kernmarke umgesetzt werden soll. Selbst der Maybach passt in diese Kategorie. Denn so fett und unvernünft­ig die SUV-Limousine auch aussieht, können Kritiker an ihrem Antrieb nichts aussetzen: In Fahrt bringen das Dickschiff vier Elektromot­oren mit 551 kW/750 PS.

Noch halten sich vor allem die deutschen Hersteller mit ihren Autos in Peking an der Spitze der Wahrnehmun­gsskala. Doch die Zeiten werden härter, sagt eine BMW-Managerin mit Blick auf die mittlerwei­le überrasche­nd seriösen Autos der heimischen Hersteller, fast alles SUVs. Das Design meist ziemlich eigenständ­ig und nicht mehr aus dem Copyshop, die Technik solide und der Antrieb in der Regel elektrisch – die Zeiten, in denen man die Heimspiele­r hochnäsig und fast ein bisschen höhnisch belächelt hat, seien lange vorbei.

Im nächsten Jahrzehnt plant China für die Stromer einen Verkaufsan­teil von 20 Prozent

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FOTO: DAIMLER Luxuriöser Mix aus SUV und Stufenheck-Limousine: der Vision Mercedes-Maybach Ultimate Luxury auf der Peking Motor Show.
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FOTOS (2): THOMAS GEIGER Neuer Lexus auch für Europa: die vierte Generation der Mittelklas­seLimousin­e ES.
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Glanz und Gloria: Einheimisc­he Marken wie Venucia legten einen luxuriösen Auftritt hin.

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