Bei Schmerzen sind auch die Tierbesitzer gefragt
Tiere im hohen Alter leiden öfter unter Schmerzen. Zu Fingerspitzengefühl rieten die Tierärzte Marcus Hess und Bastian Leimkühler am Expertentelefon.
Tiere können nicht mit Worten mit ihren Besitzern sprechen. Sie teilen sich anders mit. Umso wichtiger ist es, dass Menschen auf das Verhalten ihres Haustiers achten. So ist es möglich, Schmerzen und Erkrankungen zu deuten und geeignete Maßnahmen zu ergreifen. „Wenn Schmerzmittel verabreicht werden, muss auch der Besitzer mitspielen“, sagt Dr. Marcus Hess, Leiter der Tierklinik Neandertal. Denn oft sind Schmerzen bei Hunden und Katzen auf das hohe Alter der Tiere zurückzuführen. Die Schmerzerkennung und Schmerztherapie bei Hund und Katze stand beim Expertentelefon unserer Zeitung dieses Mal im Fokus. Marcus Hess und Bastian Leimkühler von der Tierklinik Neandertal gaben den zahlreichen Anrufern fachkundig Auskunft.
Wenn Schmerzmittel nicht mehr wirken, können Tierbesitzer auch selbst in Absprache mit dem Tierarzt die Dosierung erhöhen. So riet es Bastian Leimkühler im Falle eines elf Jahre alten Hundes, der seit einem Jahr unter Arthrose leidet, einer Anruferin. „Auch ein Wechsel des Medikamentes ist hier ratsam“, sagt Leimkühler. Im Falle von Schmerzen, deren Ursache nicht behandelt werden kann, ist beim Besitzer Fingerspitzengefühl bei der Behandlung mit Medikamenten gefragt. „Das Tier denkt nicht mit wie wir Menschen. Es spürt, dass es keine Schmerzen hat und sich ja ganz normal bewegen kann“, warnt Hess. Vermeidungsstrategie lautet hier der Rat. „Durch Leinenzwang oder Ruhighaltung. Und vielleicht muss ich meinen Hund nicht jedes Mal in den Kofferraum meines Autos springen lassen, sondern kaufe eine Rampe“, rät Hess. Statt Ballspielen ist ein ruhiger Spaziergang für den älteren Hund angenehmer.
Besonders Wirbelsäulenbeschwerden führen bei Katzen oft zu Schmerzen, wenn sie das Katzenklo aufsuchen. So litt die 18 Jahre alte Katze eines Anrufers wegen ihres Rückens unter Darmbeschwerden. „Katzen machen dabei einen Rundrücken, und die Wirbelsäulenproblematik führt dazu, dass das Pressen richtig weh tut“, erläutert Hess. Tierbesitzer können hier einerseits für weicheren Kot durch Medikamente sorgen. „Oder man fügt der Nahrung etwas Sahne, Öl oder Laktulose aus der Apotheke zu“, rät Hess.
Auffälliges und untypisches Verhalten ist aber nicht in erster Linie ein Anzeichen für Schmerzen. Wenn eine 20 Jahre alte Katze unvermittelt auf die Couch springt und zu schreien beginnt, kann das auch für eine Demenzerkrankung sprechen. „Hier sollte der Tierarzt prüfen, ob es sich bei diesem Verhalten um eine Schmerzproblematik handelt“, sagt Hess. Medikamente könnten die Durchblutung fördern und helfen. „Doch Katzen Medikamente zu geben, das ist manchmal etwas schwierig“, räumt Hess ein. Hier kann es helfen, sie geschickt mit ins Futter zu geben.
In bestimmten Fällen ist eine Operation sogar sinnvoll. Im Falle einer Katze mit Schwel- lung im Halsbereich hält Leimkühler einen gutartigen Tumor an der Schilddrüse für möglich. „Eine OP ist dann sinnvoll, um die Medikamentengabe bei so einem Tier etwas zu reduzieren“, sagt Leimkühler.
Ständiges Lecken und Kratzen wiederum kann ein Signal für eine Allergie oder eine Hauterkrankung sein. Hier gibt es spezielle Hautärzte für Tiere, bei denen bei einem solchen Verhalten ein Termin gemacht werden sollte.