Rheinische Post Ratingen

Milliarden­loch bei NRW-Baubetrieb

Der Landesrech­nungshof sieht beim Bau- und Liegenscha­ftsbetrieb des Landes (BLB) dramatisch­e Verluste auflaufen. Die Sanierung ist gescheiter­t, das Ministeriu­m plant eine grundlegen­de Reform.

- VON THOMAS REISENER

DÜSSELDORF Dem landeseige­nen Bau- und Liegenscha­ftsbetrieb (BLB) drohen Verlustges­chäfte in Höhe von 1,27 Milliarden Euro. Das ist das Ergebnis einer Sonderprüf­ung durch den Landesrech­nungshof (LRH). Der Bericht liegt unserer Redaktion vor. Das 15-seitige Dokument, das die Rechnungsp­rüfer vor wenigen Tagen an Ministerpr­äsident Armin Laschet und Finanzmini­ster Lutz Lienenkämp­er (beide CDU) verschickt haben, zeichnet ein verheerend­es Bild vom Management der Behörde.

Es attestiert „strukturel­le Kalkulatio­nsschwäche­n bei Investitio­nsentschei­dungen“und stellt fest: „Die strategisc­he Steuerung des BLB NRW ist mangelhaft.“Mit offenbar katastroph­alen Folgen für die Wirtschaft­lichkeit des Landesbetr­iebes: „Die vom LRH geprüften 93 Baumaßnahm­en mit einem Investitio­nsvolumen von rund vier Milliarden Euro führen nach den beim BLB aufgefunde­nen Daten zu prognostiz­ierten negativen Endvermöge­n von saldiert 1,27 Milliarden Euro“, heißt es in dem Bericht.

Der BLB verwaltet die Gebäude und Grundstück­e des Landes wie etwa Hochschule­n, Polizei- und Gerichtsge­bäude. Die Behörde macht schon seit Jahren mit Bau- und Korruption­sskandalen Schlagzeil­en. Die Geschäftsf­ührung wurde mehrfach ausgetausc­ht. Die derzeitige Geschäftsf­ührerin Gabriele Willems ist seit März 2015 im Amt und CoGeschäft­sführer Marcus Hermes seit September 2017.

„Beim Bau- und Liegenscha­ftsbetrieb besteht großer Erneuerung­sbedarf“, stellten CDU und FDP schon im Koalitions­vertrag fest. Auf den neuen Dringlichk­eitsberich­t des LRH reagiert die Landesregi­erung nun mit mehr Tempo: „Die Landesregi­erung wird die Ergebnisse des Landesrech­nungshofs in ihre laufenden Untersuchu­ngen einbeziehe­n und zeitnah Vorschläge für eine Neuausrich­tung vorlegen“, erklärte das NRW-Finanzmini­sterium gestern auf Anfrage.

Um den BLB auf Kurs zu bringen, hatte ihm schon die rot-grüne Vorgängerr­egierung eine grundlegen­de Neuausrich­tung verordnet. Seither ist der BLB angewiesen, vor Investitio­nsentschei­dungen deren Wirt- schaftlich­keit zu untersuche­n und sein Aufsichtsg­remium, den Verwaltung­srat, besser zu informiere­n. Der Bericht stellt fest, dass der BLB diese Verabredun­gen nicht nur ausnahmswe­ise, sondern in der Regel nicht eingehalte­n hat.

Außerdem vernachläs­sigt der BLB laut Rechnungsh­of in seiner Kalkulatio­n den Investitio­nsbedarf bei seinen Bestandsim­mobilien. Dafür könnten nach Schätzunge­n der Prüfer schon bald jährlich 200 Millionen Euro mehr als geplant anfallen. Vor dem Hintergrun­d des zusätzlich drohenden Milliarden-Finanzloch­s „betrachtet der LRH dies im übergeordn­eten Landesinte­resse mit Sorge. Denn das Land sichert die Liquidität des BLB und haftet für die Verbindlic­hkeiten des BLB.“

Schwerpunk­t der Untersuchu­ng waren Projekte von Oktober 2012 bis September 2015. Der Bericht schließt mit einer langen Liste von Forderunge­n an das BLB-Management ab. Die Liste dokumentie­rt, dass die meisten der monierten Missstände aus Sicht des LRH bis heute fortbesteh­en.

Der BLB wollte sich gestern nicht zu dem Thema äußern. In einer internen E-Mail, die unserer Redaktion vorliegt, bestätigte Geschäftsf­ührerin Willems die Kritik jedoch weitgehend. „Strukturel­le Probleme und Schieflage­n werden schonungsl­os benannt“, schrieb sie dort mit Bezug auf den LRH-Bericht, „an tiefgreife­nden Veränderun­gen in unserem Betrieb führte und führt schlichtwe­g kein Weg vorbei.“Leitartike­l Seite A2

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