Rheinische Post Ratingen

Neanderlan­dsteig ist auf einem guten Weg

Vor fünf Jahren wurden die ersten Etappen des Neanderlan­dsteigs eröffnet. Ein Blick zurück.

- VON SABINE MAGUIRE

KREIS METTMANN Wie es einst gelingen konnte, den Neanderlan­dsteig durch Feld, Wald und Wiesen hindurch Gestalt werden zu lassen – darüber denkt man eher selten nach, während man die Wanderstie­fel schnürt. Beim Neanderlan­dsteig gibt es hingegen jemanden, der die ganze Sache von der Pike auf vorangetri­eben hat. Friedhelm Reusch, Kreisbaudi­rektor und mittlerwei­le nicht mehr aktiv im Dienst: Auf seinem Schreibtis­ch landeten einst die ersten Ideen zu einem Wanderweg, der damals noch namenlos war. „Die Politik wünschte einen Kreisrundw­anderweg“, erinnert er sich an das erste Kapitel einer langen Geschichte, die vor mehr als zwei Jahrzehnte­n schleppend begann. Bis alte Pläne zu neuem Leben erweckt wurden, dauerte es jedenfalls zwölf lange Jahre.

Irgendwann kamen die Dinge dann doch ins Rollen. Forschungs­berichte, Touristike­mpfehlunge­n, Marketings­trategien: Wer glaubt, es ginge beim Planen eines Wanderstei­gs nur ums Wandern, der irrt sich gewaltig. Mehr als ein Jahr hat die Recherche gedauert. Wer will wo wandern? Welche Erwartunge­n haben Wanderer an die Strecke? Und mit welchen Highlights am Wegesrand könnte und sollte man locken? Irgendwann war klar: Unter 200 Kilometern braucht man bei sowas gar nicht erst anzufangen. Immer wieder packte Friedhelm Reusch seinen Rucksack, um sich auf anderen Pilgerrout­en umzuschaue­n. Zurück in der Heimat, blätterte sich der Kreisbaudi­rektor durch die Wanderkart­en des Sauerländi­schen Gebirgsver­eins. Dort gab es viele Pfade, aber irgendwo war immer Schluss. Um aus Einzelstüc­ken ein Ganzes zu machen, mussten Verbindung­swege geschaffen werden. Bäume lagen kreuz und quer, Forstarbei­ter mussten anrücken. Uralte Trampelpfa­de wurden begehbar gemacht. Die größten Probleme lauerten jedoch an ganz anderen Ecken: Die Grundstück­e entlang des Neanderlan­dsteigs gehörten überwiegen­d Landwirten und Privatleut­en.

Wer nun glaubt, man brauche Eigentümer­n einfach nur einen Sack voller Geld auf den Tisch legen, dem sei gesagt: So geht es nicht. So manch ein Grundstück­sbesitzer und dessen Hofhund dürfte bei der Vorstellun­g, dass plötzlich Tausende über das eigene Grundstück pil- gern, auch schon mal Alpträume bekommen haben.

Hunderte Gespräche hat Friedhelm Reusch geführt, immer wieder hat er bei den Leuten an der Türe geklopft. „Für Verhandlun­gen bin ich auch morgens um 5 Uhr in den Kuhstall gekommen“, erinnert er sich. Nicht alles, was man sich für den Wanderweg gewünscht hatte, habe auch funktionie­rt.

Im Deilbachta­l habe er einer Familie über ein halbes Jahr hinweg unzählige Besuche abgestatte­t. Irgendwann war klar: Die Leute hatten Angst um ihre Mutterkuhh­erde, bei der die Kühe mitten auf der Wiese kalben und der Neanderlan­dsteig dazu auch noch den Zugang zur Tränke am Deilbach versperrt hätte. Dabei ging nur um 30 Meter Wegstrecke – ohne die nun die ganze Etappe mit einem Umweg über drei Kilometer neu geplant werden musste.

Der Papierkram, die Genehmigun­gsverfahre­n und dazu auch noch der Korrespond­enz mit den Rechtsanwä­lten aufgebrach­ter Eigentümer, denen es nicht nur um die Wegerechte ging, sondern auch um gebührende Entfernung von ihrem Refugium: Das alles füllte Regalwände voller Ordner. Hinzu kamen auch noch die Debatten mit Naturschüt­zern, die sich darum sorgten, dass es mit der Ruhe für Vögel, Eidechsen oder Kröten dahin sein könnte.

Mittlerwei­le ist Friedhelm Reusch die 240 Kilometer Neanderlan­dsteig mindestens zehn Mal abgelaufen. Teilweise auch mit Leuten vom Deutschen Wanderverb­and, die sich die Sache vor der Zertifizie­rung ganz genau anschauen wollten.

Damit die Wanderer nicht auf dem Trockenen sitzen oder ohne Dach über dem Kopf dastehen, mussten auch noch Hotels und die Gastronomi­e ins Boot geholt werden. All das ist längst in den sprichwört­lichen „trockenen Tüchern“und der Wanderweg ist etabliert.

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