„Es wurde nichts ausgekungelt“
Der bisher einzige Kandidat für den SPD-Landesvorsitz spricht über Proporzdenken, seine Vorgängerin Hannelore Kraft und die Parteireform.
DÜSSELDORF Sebastian Hartmann braucht keine Sonderbehandlung. Der bisher einzige Kandidat für den Parteivorsitz der Landes-SPD verzichtet bei seinem Besuch selbstverständlich auf sein Gastrecht, direkt vor dem Redaktionsgebäude zu parken. Es ist das erste Interview des Bundestagsabgeordneten aus Bornheim in seiner neuen Rolle.
Herr Hartmann, wie sicher sind Sie, dass Sie Ende Juni tatsächlich zum Landesvorsitzenden der SPD gewählt werden?
HARTMANN Am Ende entscheiden die Delegierten. Ich bin mir sicher, den Parteitag mit meinen Ideen zu überzeugen.
Rechnen Sie mit Gegenkandidaten?
HARTMANN Mir ist kein Gegenkandidat bekannt.
Kritiker in der eigenen Partei sagen, dass Ihre Nominierung im Hinterzimmer ausgekungelt wurde.
HARTMANN Es wurde nichts ausgekungelt. Der amtierende NRW-SPDChef Mike Groschek sprach mich im Umfeld der Findungskommission an.
Und Ihr Name wurde bekannt, bevor diese Kommission auch nur ein einziges Mal getagt hat.
HARTMANN Es wurden zu dem Zeitpunkt viele Namen genannt. Die SPD will da jetzt Klarheit. Ich habe deutlich gemacht: Für diese Aufgabe brenne ich, und das will ich – ohne Rückfahrkarte.
Sind die rebellischen Genossen im Bezirk Westliches Westfalen nun zufriedengestellt mit dem Kompromiss, dass André Stinka als Schatzmeister antritt, Marc Herter als Parteivize und ein zusätzlicher Vizeposten an Veith Lemmen geht, einen Juso aus dem Westlichen Westfalen?
HARTMANN Ich mache allen ein sehr gutes Personalangebot. Das wird ein
Thomas Kutschaty, sagte auf die Frage, wie er mit Ihnen künftig zusammenarbeiten werde, etwas lapidar: „Das wird schon gehen.“
HARTMANN Das ist doch positiv. Dann wird das schon gehen.
Welchen Vorteil hat es, dass die Ämter des Fraktionsvorsitzenden und des Parteichefs getrennt bleiben sollen?
HARTMANN Es hat Vorteile. Wir haben ja auch eine doppelte Aufgabe – eine Oppositionsaufgabe im Landtag und auf der anderen Seite die organisatorische Neuordnung einer Partei, die Kommunen, Land, Bund und Europa mitdenkt.
Zwei Personen bergen immer das Risiko von Reibungsverlusten. Warum baut die SPD nicht eine starke Figur in NRW auf, so wie einst zu Zeiten von Johannes Rau?
HARTMANN Jede Zeit braucht eine eigene Antwort. Das hat Willy Brandt gesagt.
Welche Antworten hat die nordrhein-westfälische SPD auf die Politik von Ministerpräsident Armin Laschet (CDU)?
HARTMANN Er macht keine ausreichende Strukturpolitik, weil er in Berlin nicht genug wahrgenommen wird. Zur Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit etwa braucht es einen sozialen Arbeitsmarkt. Energiewende, Digitalisierung, Globalisierung – das Land ändert sich. Da muss man gestalten wollen.
Müsste Armin Laschet seine Landwirtschafts- und Umweltministerin Christina Schulze Föcking jetzt entlassen?
HARTMANN Laschet muss erklären, ob er noch hinter ihr steht. Ich halte sie nach den jüngsten Vorfällen nicht mehr für tragbar. KIRSTEN BIALDIGA UND MICHAEL BRÖCKER FÜHRTEN DAS GESPRÄCH.