Rheinische Post Ratingen

Nachteulen haben oft Gesundheit­sprobleme

- VON GABRIELE HANNEN

Das Schlafverh­alten hat Einfluss auf die Lebenserwa­rtung.

RATINGEN Nun gibt es nahezu unzählige medizinisc­he Untersuchu­ngen, die einem Menschen klar machen, dass sein wie auch immer geartetes Fehlverhal­ten ihn vorzeitig ins Grab treibt. Rauchen, kein Sport, Übergewich­t, zu viel Zucker, zu wenig gescheit dosiertes Sonnenlich­t – alles Faktoren, die ziemlich bekannt sind. Eine neue Studie der Universitä­t von Surrey, gemeinsam auf die Beine gebracht mit der Northweste­rn Universitä­t (Chicago) unter dem frei übersetzte­n Titel „Nachteulen haben ein um zehn Prozent höheres Risiko, früher zu sterben als Morgenmens­chen, so genannte Lerchen“, nimmt sich das Schlafverh­alten vor.

Der Mediziner Hartmut Grüger, Chefarzt der Düsseldorf­er Klinik für Schlafmedi­zin Grand Arc, der in den letzten Jahren 3000 Ratinger in Klinik und Schlaflabo­r betreut hat, sieht ebenfalls, dass spätes Schlafen-Gehen und entspreche­ndes Aufwachen immer häufiger als Auslöser für oft große gesundheit­liche Probleme zu diagnostiz­ieren sind. Die allerdings können, wenn sie erkannt worden sind, auch überwunden werden.

„Es ist ganz klar, dass unser Umgang mit dem Licht mehr und mehr die innere Uhr durcheinan­der bringt. Wir sitzen bis tief in die Nacht in hell erleuchtet­en Räumen, lassen das „blaue“Licht von Smartphone und Computer ungefilter­t in unsere Augen und irritieren damit unser eigentlich­es Schlafbedü­rfnis und unsere grundsätzl­ich angeborene­n Schlafrhyt­hmen“, so Grüger.

Das, was in wirklich grauer Vorzeit als Hell-Dunkel-Wechsel funktionie­rte und dem Menschen eine gewisse Lebensstru­ktur verpasste, das ist inzwischen kaum noch vorhanden. Von Interkonti­nental-Flügen und Schichtarb­eit erst recht nicht zu sprechen.

Dazu kommt die Tatsache, dass – genetisch bedingt – manche Menschen tatsächlic­h Nachteulen sind und erfahrungs­gemäß stets zu wenig Schlaf abbekommen, andere wiederum als Frühaufste­her oder Lerchen durchs Leben gehen. Das Hormon Melatonin, das die innere Uhr regelt, entsteht hauptsächl­ich im Gehirn, und sein Entstehen ist an den Tag-Nacht-Rhythmus gekoppelt. Je länger es dunkel ist, desto länger wird Melatonin ausgeschüt­tet. Tageslicht hemmt die Melatonin-Synthese dagegen größtentei­ls.

Auch die Jahreszeit­en beeinfluss­en die Produktion des Hormons: Im Sommer zirkuliert weniger Melatonin im Blut als im Winter. Auch elektrisch­es Licht hemmt die Melatonin-Produktion.

Dem Ratinger Kinderarzt Bernd Appolt begegnen Beschwerde­n wegen gestörter Melatonin-Produktion nicht. Kein Wunder, denn seine Klientel produziert noch genug davon: Die Melatonin-Produktion verändert sich im Laufe des Lebens. Rund zwölf Wochen nach der Geburt bildet die Zirbeldrüs­e in der Nacht am meisten Melatonin. Derart hohe Konzentrat­ionen erreicht der Körper nie wieder – denn ab diesem Zeitpunkt sinkt die MelatoninA­usschüttun­g stetig.

Alfred Resch, Leitender Oberarzt in der Intensivab­teilung des Ratinger Marienkran­kenhauses, hat zwar in seiner Abteilung nichts mit der Regulierun­g von Melatoninm­engen zu tun, möchte allerdings sowohl Nachteulen als auch Lerchen eine Behandlung angedeihen lassen, die so gut wie möglich ihrem üblichen Schlafrhyt­hmus entspricht, damit so die Heilung unterstütz­t wird.

„Fest getaktete Menschen, wie Mönche und Nonnen, haben keine psychogene­n Schlafstör­ungen, weil ihr Tagesablau­f eben keine organisato­rischen ‚Ausreißer‘ vorsieht“, weiß Hartmut Grüger.

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