Eine Restauratorin und ihr Hang zu Ruinen
Ein großes Bohai um sich selbst machen, das ist nicht ihre Sache. Resolut hingegen ist Roswitha Friedelt, eine von Düsseldorfs renommiertesten und erfahrensten Restauratoren. Unprätentiös. Elegant in ihrer kühlen Zurückhaltung, die sie dann sprengt, wenn sie herzhaft lacht. Gelegenheiten dazu hatte sie schon genug in ihrem bewegten Berufsleben, seit sie vor 34 Jahren aus Süddeutschland kam, um in Düsseldorf heimisch zu werden. Ins Atelier Dr. Euler an der Jülicher Straße in Pempelfort stieg sie seinerzeit ein, heute gehört es ihr allein. Georg Paffrath aus der bekannten Galeristenfamilie passierte hier ihren Weg und Maler Heinrich Guthoff, denen Friedelt ebenso ihr Credo offenbarte wie vielen anderen aus der Kunstbranche auch: „Das Gemälde an sich interessiert mich gar nicht so. Ich begeistere mich nicht für das Motiv, ich bin fasziniert von der Technik.“So erging es der 64-Jährigen etwa, als sie vor Jahren exakte Detektivarbeit leistete, die hohe Wellen schlug. Das Bild, um das es ging, stammt aus dem 17. Jahrhundert und hing im Pfarramt St. Benediktus in Heerdt, als sie es das erste Mal sah. „Es war in einem furchtbar desolaten Zustand. Die Farbschicht war abgelöst“, erinnert sich die Expertin. Dargestellt war der Heilige Sebastian mit dem Heiligen Quirinus und der Heiligen Katharina. Dann stellte Roswitha Friedelt fest, dass es unter den vielen Farbschichten auch noch den Benediktus, den damaligen Stadtheiligen von Heerdt, gab. „Ein wahrer Krimi“, den sie mit Röntgengerät und an der Seite von Pastor Michael Dederichs durchlebte. Jetzt bekommt sie von ihm noch den Kreuzweg und ein Relief zur Restaurierung in ihre Finger. Kunsthändler zählen zu ihren Kunden, und Versicherungsexperten rufen sie an, wenn sie Schäden beurteilen muss. Sie ist auch oft in Privathaushalten unterwegs: „Häufig muss ich Leuten sagen, dass sie keinen Meister haben, obwohl sie vollkommen überzeugt sind, dass da ein kostbarer Schatz an ihrer Wand hängt.“Sie lacht: „Einmal meinte ein Kunde, er hätte es in seinem Pipi, dass es ein Manet ist. Das war es aber nicht.“Der Reiz: „Je größer das Problem, desto interessanter ist das Bild für mich. Ich habe einen großen Hang zu Ruinen. Ich mag richtig kaputte Bilder“, erzählt sie – auch ein wenig amüsiert über ihre eigene Vorliebe. „Ich habe immer vor Augen, wie es später aussieht – darauf arbeite ich hin.“Auch auf einen Ortswechsel arbeitet Friedelt hin. Nach 34 Jahren wird sie ihr Atelier in Pempelfort verlassen und nach Oberkassel ziehen. „Es war Zeit“, sagt sie und freut sich auf den Neustart in den Räumen von „Till Einrahmungen“an der Hansaallee 38. „Hier war es eine wechselhafte Zeit“, lautet ihr Resümee. „Ich gehe mit einem guten und satten Gefühl.“Ein Fest zum Abschied gab es auch schon, obwohl sie erst gegen Ende September das Licht ausmacht in ihrem Pempelforter Atelier. Die Trommler-Truppe Tahougan schlug bei der Feier auf im Hof direkt an ihrem Atelier. Ausgelassene Musiker sorgten für ordentlich Stimmung, bewegten sich lachend zum Rhythmus und machten kurzen Prozess, als ein paar Regentropfen vom Himmel fielen: Sie spielten einfach in der Hofeinfahrt weiter, und Roswitha Friedelt strahlte über das ganze Gesicht. Drinnen im Atelier hatte sie ein Fotoalbum ausgelegt, das Fotos zeigt aus all den Jahren, einige in Schwarz-Weiß. Vici Trapke und Hiltrud Schinzel stellten ihre Acrylzeichnungen und Aquarelle aus, die noch bis zum 18. Juni zu sehen sein werden. Ein weiterer Weggefährte: Ulrik Runeberg vom Restaurierungszentrum Düsseldorf – das Zentrum begleitete gerade die Demontage der Flossis im Hafen. Auf Friedelts Einladung stand verheißungsvoll und irgendwie auch amüsant: „Bitte nichts mitbringen, lieber mindestens ein Teil mitnehmen – das restliche Gerümpel muss auch noch weg.“Nur Pastor Dederichs konnte nicht an dem Fest teilnehmen – seine Mutter hatte Geburtstag. „Aber den sehe ich jetzt im Linksrheinischen sicher sowieso öfter“, meint Roswitha Friedelt, die gute Bekannte und Freunde schlicht Rosi nen
nen. Brigitte Pavetic