Rheinische Post Ratingen

Achenbach als Seifenoper

Die Berliner Volksbühne hat die Geschichte um den Kunstberat­er und die Aldi-Erben Albrecht als skurrile Serie verfilmt.

- VON CLAUS CLEMENS

Schon lange hat das Rheinland eine „Ständige Vertretung“an der Spree. In den Räumen des berühmten Lokals am Schiffbaue­rdamm werden die Bundesstad­t Bonn sowie Köln und Düsseldorf mit den unterschie­dlichsten Bildmotive­n der Berliner Luft ausgesetzt. Jetzt endlich kommt der passende Film dazu. „Rheingold“, gedreht in den Hinterzimm­ern der Berliner „Volksbühne“, handelt vom Aufstieg und Fall eines Düsseldorf­er Kunstberat­ers, der durch Manipulati­on von Rechnungen ein Vermögen verdiente und dafür zu einer mehrjährig­en Haftstrafe verurteilt wurde. Alle relevanten Namen werden offen genannt, aber mit weiteren Zeitfigure­n der Kunst und Politik auf das Skurrilste vermischt. So kommt es in den Jahren von Helge Achenbachs finanziell­em Zenit zu einer Begegnung des Rheinlände­rs mit Kanzler Gerhard Schröder, der ihm rät: „Als Promi musst du Gas geben. Gasprom.“Zur selben Zeit hat sich der Polit-Lebemann Schröder von dem Düsseldorf­er Künstler Jörg Immendorff in Gold malen lassen. Und er macht auch selbst in Kunst: Sein neuestes Werk heißt „Agenda 2010“. Über Jahrzehnte wird es eines der umstritten­sten Objekte des Kunstmarkt­s bleiben.

Der Regisseur Jan Bonny und der Künstler Alex Wissel, beide im Rheinland ansässig, haben ihr schräges Sittenspie­l auf insgesamt zehn Teile angelegt, von denen bisher sechs erschienen sind. Auf der Homepage des Theaters kann man die jeweils etwa zwölf Minuten langen Szenen abrufen. Übermächti­ges Symbol der Handlung ist das Euro-Zeichen, wie es vor der EZB in Frankfurt steht. Die Rolle des Kunsthändl­ers teilen sich Bibiana Beglau und Joachim Król. Letzterer steht in der ersten Sequenz auf dem Düsseldorf­er Fernsehtur­m und fragt sich, ob „er zu denen da unten dazugehört“. Seit Jahren stören ihn nämlich die abschätzig­en Blicke des „Rheinische­n Kunsthocha­dels“hinter seinem Rücken. Wenn er ihnen bei Ausstellun­gen begegnet, heißt es flüsternd, „Was will der Straßenköt­er hier?“, und laut: „Helge, geh doch wieder in den Medienhafe­n und mach ein paar Deals.“

Einen Weg zum gesellscha­ftlichen Aufstieg sieht Helge Achenbach schließlic­h in dem Milliardär Berthold Albrecht: „Mein Honigtopf“, nennt er ihn in „Rheingold“. Wie aber einen Zugang zu dem schüchtern-verschloss­enen Mann finden? Hier kommt die Ehefrau Babette ins Spiel, und der Rest ist allseits bekannt. Herrlich, wie Joachim Król dem Endvokal in Frau Albrechts Vornamen die Ehre erweist, so dass er wie „Annette“klingt.

Es ist ein turbulente­s Hinterbühn­endrama, was die blendend ge- launte Volksbühne­ntruppe in den Filmteilen liefert. Vielleicht trösten sich die Darsteller hier über den Intendanz-Skandal des Berliner Hauses hinweg, wo der umstritten­e Nachfolger von Frank Castorf, der Belgier Chris Dercon, nach nicht einmal einer Spielzeit wieder gehen musste. Babette jedenfalls ist so scharf auf Helge, dass es dem zu viel wird. Immerhin hat er zu Hause ja Dorothee, seine vierte Ehefrau mit noch viel längerem Endvokal. Aber er braucht halt die Kohle, denn irgendwie schaffen es nur „die Fuß- ball-Fuzzis, mit nichts als behaarten Beinen Millionen zu zaubern“.

Jetzt kommt Joseph Beuys ins Spiel, ein weiterer Rheinlände­r mit genialen Sprüchen. Auf einem Zehn-Mark-Schein hat er schriftlic­h vermerkt: „Kunst=Kapital“. Immer wenn bei Achenbach die

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FOTO: JAN BONNY, ALEX WISSEL Internet-Aufnahme mit Joachim Król als Kunstberat­er Helge Achenbach in einer Szene der Serie „Rheingold“.

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