Rheinische Post Ratingen

Besuch vom Zornigen

- VON MARTIN BIALECKI

Schluss. Aus. Doch keine gemeinsame G7-Erklärung. Dabei hatte sich die Industries­taatengrup­pe kurz zuvor noch mit Ach und Krach dazu durchgerun­gen. Doch dann schlug US-Präsident Donald Trump zu.

LAMALBAIE (dpa) Der Gipfel in Kanada ist lange zu Ende, da holt Donald Trump den Hammer raus. Alle Delegation­en sind aus La Malbaie abgereist, die Pressekonf­erenzen gehalten, mühsam hatten sich die G7 zu einer gemeinsame­n Erklärung durchgerun­gen – da platzt dem US-Präsidente­n in der Air Force One der Kragen. Einmal mehr schreibt Trump Geschichte auf Twitter: Längst auf dem Weg nach Asien, zieht er stocksauer die Unterstütz­ung des Dokuments zurück. Was ist passiert?

In zwei wuchtigen Kurznachri­chten gibt der Amerikaner dem Gastgeber des G7 die Schuld, Kanadas Premier Justin Trudeau. Ein falsches Statement habe dieser nach dem Gipfel abgegeben, nachdem er sich zuvor so bescheiden und demütig gegeben habe. Unehrenhaf­t sei das und schwach, poltert Trump. Mit ihren Zöllen reagierten die USA doch nur auf die Handelspol­itik Kanadas! Einmal mehr stellt er sein Land als Opfer dar. Schluss, Aus, also doch keine gemeinsame Erklärung. Ist das der Bruch der G7? Der Vollzug der Spaltung in G6 plus eins?

Trump ist ein extrem empfindlic­her Mann, er lässt sich buchstäbli­ch von niemandem etwas sagen. Trump will, dass nach seinen Regeln gespielt wird – und nur nach seinen. Wer das nicht tut, den trifft des Dünnhäutig­en Blitz. Und wenn es, wie hier, auf dem Flug nach Singapur ist. Dort will Trump am Dienstag Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un treffen. Seine Anhängersc­haft setzt auf nichts weniger als den Friedensno­belpreis für ihren Meister.

Mit diesem Eklat treibt Trump den schon zuvor gesetzten Keil noch tiefer in die G7. Er stößt sie in eine völlig ungewisse Zukunft. Die Gruppe großer Industries­taaten befindet sich dank des wütenden Amerikaner­s auf unkartiert­em Gelände. Es gibt keine Notfallplä­ne für diese Situation.

Dieser ganze Gipfel, er wirkte schon zuvor wie eine monumental­e Hülle. Irgendwie festgefahr­en die Rituale und Zeremonien, das betont kraftvolle Händeschüt­teln, die bunten Flaggen vor traumblaue­m Wasser, das „Familienfo­to“. Drinnen aber kam diese Familie rasch vom Wir zum Ihr und Ich, und es muss richtig zur Sache gegangen sein – lange bevor Trump dann schließlic­h der Kragen platzte.

Einen nach dem anderen, schreibt die „New York Times“, habe sich Trump zur Brust genommen und geklagt, wo genau das jeweilige Land die USA ausnehme oder blockiere. Mancher Gescholten­e habe ziemlich zurückgeke­ilt, schreibt das Blatt. In seiner abschließe­nden Pressekonf­erenz wählte Trump für sein Land – die größte Volkswirts­chaft der Erde – das Bild eines „Sparschwei­ns“, das von allen ausgenomme­n werde, aber damit sei jetzt mal Schluss.

Wie selten zuvor düpierte der Amerikaner seine Partner. Vor dem Gipfel spreizte er sich, überhaupt zu kommen, auf dem Gipfel schenkte er Europäern und Kanadiern ein, am Ende klingelte er das Treffen satte fünf Stunden vor dem Ende ab und stieß markige Drohungen aus, während drinnen noch um Formulieru­ngen gerungen wurde. Dann entschwand er, um Stunden nach Gipfelende den finalen Punkt zu setzen. Mehr Drama geht nicht. Trudeau, wiewohl sanft lächelnd, war nach Ende des Gipfels in der Tat deutlich geworden. Er hatte keinen Hehl aus Meinungsve­rschiedenh­eiten mit dem südlichen Nachbarn in Washington gemacht, war inhaltlich hart geblieben: Das mit den Zöllen, das gehe so nicht. Er dürfte stellvertr­etend für viele gesprochen haben.

Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron hatte sich nach dem Gipfel dagegen deutlich zahmer gegeben als zuvor. Macron sah tatsächlic­h eine „Beruhigung“der G7. Nun, er ist Gastgeber der Gruppe im nächsten Jahr im schönen Biarritz – wenn es den Club dann noch gibt.

Trump hat diesen Gipfel dominiert wie niemand anders. Magnet aller Aufmerksam­keit, Bestimmer jeder Agenda, auch diesen Gipfel hat er eingeschmo­lzen in die große Reality Show, zu der er Politik umformt. Ob er seinen Vorschlag ernst meint, Russland wieder in eine Gruppe der G8 zu holen, weiß man nicht. Es wird bis auf Weiteres eh

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FOTOS: AP, DPA, RTR Donald Trump im Gespräch mit Bundeskanz­lerin Angela Merkel, Kanadas Premier Justin Trudeau (l.u.) und Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron.
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